Sommersemester 2005 - Andere Deutsche - Migration und hybride Identitäten
Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder
Dozentin: Dr. Urmila Goel, viadrina@urmila.de
Mehr Informationen auf www.urmila.de/viadrina

Die Studierenden des Seminars Andere Deutsche - Migration und hybride Identitäten beobachten seminarbegleitend "Andere Deutsche" an virtuellen oder physikalischen Orten. Auf dieser Website werden ihre unredigierten Feldwochenberichte online gestellt. Es sind erste Versuche der Feldbeobachtungen und haben nicht den Anspruch fehlerfrei zu sein. Bei Fragen und Kommentaren wenden Sie sich bitte an die Seminarleiterin Dr. Urmila Goel.

Feldbeobachtungen von Sergio Cortes und Leonie Mechelhoff

Lateinamerikaner in Berlin

04.07.2005

Da diese Woche keiner unser deutsch-lateinamerikanischen Freunde Zeit hatte, da die letzten Referate und die ersten Klausuren angefangen haben, und wie in unserem letzten Feldbericht vermerkt die „Anderen Deutschen“, die wir beobachten, überwiegend aus akademischen Kreisen kommen, können wir leider nicht über einen „Anderen Deutschen“ der von uns beobachteten Gruppe berichten. Wir haben uns aber überlegt, dass es eventuell auch interessant sein könnte, eine/n „Anderen Lateinamerikaner“, d.h. eine Person die in Lateinamerika sozialisiert wurde aber auch einen deutschen Hintergrund hat, zu beobachten.

Diese Woche waren wir mit mehreren Freunden „zum Fußball gucken“ in der Wohnung eines deutsch-lateinamerikanischen Paares verabredet. Die Gruppe war deutsch-lateinamerikanisch gemischt: MexikanerInnen, Argentinierinnen, KolumbianerInnen und Deutsche. Die Spiele Deutschland gegen Mexiko und Brasilien gegen Argentinien standen auf dem Programm. Außer einer Argentinierin waren die anderen weniger mit Herz für den Fußball, als mehr mit Emotionen bezüglich ihrer Nationalität und/oder ihres Interesses für ein bestimmtes Land dabei. Unser besonderes Interesse in diesem Zusammenhang fand eine Freundin, die Mexikanerin ist. Beziehungsweise ihre Vater ist Mexikaner und ihre Mutter ist Deutsche. Von ihrer Physiognomie her erscheint sie lateinamerikanisch, vielleicht von der Haut her etwas heller als die meisten Mexikaner. Ihr Kleidungsstil, Schmuck etc. ist auf jeden Fall eher Mexiko zuzuordnen. Sie hat ihre gesamte Sozialisation in Mexiko erlebt und ist nur wenige Male zu Besuch in Deutschland gewesen. Dieses Sommersemester ist sie dann als Gaststudentin eines Austauschprogrammes mit einer Universität in Mexiko an die Viadrina gekommen. Sie hat einen deutschen Pass, spricht aber kein Deutsch (sie besucht einen Grundstufekurs Deutsch). Sie studiert Wirtschaftswissenschaften an einer Privatuniversität in der Nähe von Mexiko-Stadt. Seit wenigen Wochen hat das Mädchen einen deutschen Freund. Sie wirkte bei unserem Treffen sehr glücklich, ihren Freund hatte sie mitgebracht und wir haben ihn zum ersten Mal kennen gelernt. Die beiden sprechen englisch miteinander, da er kein Spanisch kann und ihre Deutschkenntnisse noch relativ gering sind. Wir haben sie noch nie Deutsch reden gehört, wenn jemand kein Spanisch spricht greift sie sofort auf ihre guten Englischkenntnisse zurück. Die Chance durch einen deutschen Freund eventuell auch viel leichter die Sprache ihrer Mutter zu lernen, lässt sie anscheinend ungenutzt. Gespannt haben wir natürlich ihr Verhalten während des Fußballspiels Deutschland-Mexiko beobachtet. Tendenziell war sie mehr für Mexiko als für Deutschland. Jedoch hätten wir von einer Lateinamerikanerin doch mehr Enthusiasmus und Ausdruck für „ihr“ lateinamerikanisches Land erwartet. Besonders da man den Mexikanern eher Patriotismus als anderen lateinamerikanischen Ländern nachsagt, und die MexikanerInnen, die wir kennen, auch sehr nationalliebend sind. Diese Zurückhaltung in der Bekundung der Sympathie für ihr Land mag in dieser Situation natürlich auch einfach nur an einem geringen Interesse an Fußball gelegen haben. Die Niederlage Mexikos in diesem Spiel schien sie demnach auch nicht besonders zu interessieren. Im Gegensatz dazu war die anschließende Niederlage Argentiniens für unsere argentinische Freundin, die mit Flagge um den Hals und vielem lauten Schimpfen aufgrund der schlechten Leistungen „ihrer“ Mannschaft, eher das, was man als Stereotyp von einer Lateinamerikanerin erwartet hätte.

Generell konnten wir beobachten, dass sie hier „lateinamerikanisch“ ist, ihre mexikanische Nationalität betont und sich vorwiegend in der „lateinamerikanischen Szene“[1] von Frankfurt bewegt. Dass sie einen deutschen Pass hat und deutsche Wurzeln, haben wir nur dadurch mitbekommen, dass wir zusammen nach Polen gegangen sind und sie, um schneller über die Grenze zu kommen, ihren deutschen Pass vorgezeigt hat.

Eine Frage, die aufgrund unseren gesamten Feldbeobachtungen dieses Semesters entstanden ist, ist  die Folgende[2]: Warum betonen die „Anderen Deutschen“ ihre nichtdeutschen Wurzeln so stark? Und ist dies nicht nur in Deutschland so, sondern in ganz Europa? Warum betonen die „Anderen Lateinamerikaner“ in Lateinamerika ihre nicht-lateinamerikanischen Wurzeln nicht, verneinen sie eher? Beispielsweise haben wir einen Kurs mit einem Kolumbianer besucht, dessen Eltern Türken sind. Er wurde in Kolumbien geboren, spricht kein einziges Wort Türkisch. Dass er türkische Eltern hat haben wir nur mitbekommen, da wir in dem Kurs eine Diskussion über das Thema Rasse in Verbindung mit Freud hatten, und er in dem Zusammenhang erwähnt hat, das er Sohn von Türken ist. Davor oder danach hat er nie seine türkischen Wurzeln erwähnt und kein Interesse dafür gezeigt.

Nach der wiederholten Diskussion der letzten (oder vorletzten) Woche über Rassismus und die Rassismusfalle wollte ich noch eine interessante Beobachtung aufschreiben, die ich einige Tage vor dieser Sitzung gemacht habe. Wir hatten Besuch von der Tochter eines deutsch-afrikanischen Paares. Das Mädchen ist bald fünf Jahre alt und hier in Berlin geboren. Sie spricht wie ein Wasserfall Deutsch und spricht kein Suaheli/ weist es eher von sich, z.B. weigert sie sich auf Suaheli zählen zu lernen. Sie gehört aber zu einer Gruppe „Andere Deutscher“, die ihre nicht-deutschen Wurzeln nicht verstecken können. So hat sie, besonders jetzt im Sommer, eine sehr dunkle Hautfarbe und afrokrauses Haar, das sich kaum bändigen lässt. Als ich mit ihr auf dem Boden saß und wir zusammen Asterix und Obelix gelesen haben, kamen nach und nach Freunde zu uns nach Hause, da wir zum Grillen verabredet waren. Beinahe alle fragten: Und woher kommt die Kleine denn? ...obwohl sie die ganze Zeit akzentfrei und ohne Pause auf deutsch quasselte. Damit sind wohl unsere Freunde auch in die im Seminar besprochene Rassismusfalle getappt, und das obwohl sie alle den Umgang mit vielen Nationalitäten gewohnt sind und viele selbst nationalgemischte Paare sind.


[1] ;-)

[2] Und das nicht nur bezogen auf unsere Gruppe sondern auch auf die „Anderen Deutschen“ anderer Nationalitäten, mit denen wir im Verlauf dieses Semesters aufgrund des „nicht-abschüttelbaren“ Denken an „zweite Generation“ während des Alltags in Berlin, z.B. die türkische zweite Generation auf Grillfesten im Falkpark oder vietnamesische zweite Generation, mit der wir im Zusammenhang eines anderen Seminars dieses Semesters („Einwanderungsstadt Berlin – Referatsthema: Selbstorganisationen von Migranten, Bsp.: Reistrommel e.V, der auch Programme speziell für die zweite Generation und ihre Probleme anbietet) zu tun hatten.

27.06.2005

Dieses Wochenende waren wir auf einer Grillparty eingeladen. Es war auch ein Student eingeladen, dessen Vater Chilene ist. Er kam allerdings erst später, so dass wir nur ca. zwei Stunden zusammen waren. Er ist in Berlin aufgewachsen und hat Chile nur ein paar mal bereist, um seine Familie väterlicherseits kennen zu lernen. Dieses Sommersemester wird er als Gaststudent nach Chile gehen, um in der Hauptstadt zu studieren. Er sprach, wie fast alle Lateinamerikaner der zweiten Generation, die wir bis jetzt kennen gelernt haben, gut Spanisch. Zwar mit grammatischen Fehlern aber für das Land spezifischen Worten („modismos“). Er studiert Wirtschaft an einer Privatuniversität in Berlin. Beim Grillen waren viele Lateinamerikaner und der „Halbchilene“ hat sich sofort gut in die Gespräche über spanische Musik etc. eingebracht, obwohl er kaum Leute kannte. Er hatte seine beiden besten Freunde aus Berlin mitgebracht und wechselte ohne Probleme zwischen Spanisch und den „typisch“ lateinamerikanischen Themen und den „deutschen Themen“ seiner Freunde und dem Berlinerisch. Nachdem die Grillparty beendet war, hatte er uns noch eingeladen mit ihm nach in eine Salsabar zu fahren, wo er mit chilenischen Freunden zum Tanzen verabredet war. Es war allerdings schon so spät, dass wir nicht mitgegangen sind. Das sich deutsche Männer in dem Alter zum „Tanzen gehen“ verabreden ist eher ungewöhnlich. In Lateinamerika hingegen verabredet man sich am Wochenende meistens „zum Tanzen“ und nicht einfach um auf eine Party zu gehen. Wirklich beeindruckend fanden wir, wie einfach er zwischen den Sprachen, den Themen etc. hin- und herwechseln kann. 

Aufgefallen ist uns diese Woche, dass wir bisher nur „bildungserfolgreiche“[1] zweite Generation von Lateinamerikanern getroffen und beobachtet haben. Da wir durch unser Umfeld (die Universität etc.) automatisch Kontakt zu dieser Gruppe knüpfen und mehr Personen aus dieser Gruppe der zweiten Generation kennen, werden wir uns auch in unserer Hausarbeit auf die Gruppe der „bildungserfolgreichen“ lateinamerikanischen „Anderen Deutschen“ konzentrieren.

[1] Badawia (2002) „Der Dritte Stuhl“

20.06.2005

Dieses Wochenende waren wir bei einem Essen von einer Bekannten eingeladen. Sie ist schon über 50. Ihre Zwillingsschwester ist in den 80er Jahren nach Nicaragua gegangen und hat dort als Kommunistin in den politischen Auseinandersetzungen in dem Land mitgemischt. Sie hatte dort eine Beziehung mit einem Nicaraguaner und 1987 wurde der gemeinsame Sohn dort geboren. Als der Junge vier Jahre alt war verließ seine Mutter mit ihm das Land, da sie nicht wollte, dass ihr Kind weiter in dieser schwierigen und gefährlichen politischen Situation aufwachsen sollte. Der Vater konnte sich nicht von den politischen Auseinandersetzungen lösen und wollte Mutter und Kind in Nicaragua bei sich behalten. In ihrer Not floh diese dann mit dem Jungen heimlich nach Deutschland. Aufgrund dessen wurde der Kontakt zwischen Sohn und Vater auch plötzlich unterbrochen und jahrelang hat die Mutter versucht den Kontakt zu unterbinden, da sie Angst hatte der Vater würde rechtlich Anspruch auf das Kind erheben oder den Jungen gegen sie aufbringen. Diese dramatische Ausgangssituation für einen kleinen Jungen, dessen Lebensumstände mit vier Jahren auf einmal vollkommen verändert werden (Bezugspersonen außer der Mutter andere, kein Kontakt mehr zum Vater, ein neues Land, Stadtleben im Rheinland anstatt einem lateinamerikanischen Dorf, eine neue Sprache) sollten im Hinterkopf gehalten werden.

Als der Junge mit vier Jahren nach Deutschland kam sprach er kein Wort Deutsch. Seine Mutter hatte in Nicaragua nur Spanisch mit ihm gesprochen. Als er mit vier Jahren in Deutschland ankam, musste seine Mutter eine Arbeit suchen um sich und das Kind finanzieren zu können. Von dem Vater des Kindes konnte sie aufgrund der Situation natürlich keine Unterstützung erwarten. Daher schickte sie ihren Sohn auch kurz nach der Ankunft in Deutschland in einen deutschen Kindergarten. Dort war es natürlich auf Grund der Sprachbarriere sehr schwer für ihn Freundschaften zu schließen. Als wir ihn heute gefragt haben, was zu dem Zeitpunkt am schwersten für ihn war, erzählt er von diesem Gefühl in einen deutschen Kindergarten gehen zu müssen, ohne die Erzieherin und besonders die anderen Kinder verstehen zu können. Von den anderen Kindern sei er „links liegen gelassen worden“ nachdem sie ihm mehrfach zum Spielen aufgefordert hatten und er nicht verstand was sie von ihm wollten. Nach den Erzählungen der Mutter kam der Junge nach dem zweiten Tag Kindergarten nach Hause und teilte der Mutter mit, das er niemals wieder Spanisch sprechen wollte. Nach ihren Erzählungen war er nach diesen Erlebnissen dann wirklich Wochen fast nicht zum sprechen zu bewegen und hat so innerhalb kurzer Zeit Deutsch gelernt. Aber auch nachdem er sich auf Deutsch verständigen konnte hat er seine spanische Muttersprache immer abgelehnt und heute spricht er kein Wort Spanisch mehr. Heute lebt der Junge, oder eher junger Mann von fast 18 Jahren, noch immer mit seiner Mutter im Rheinland und geht ins Gymnasium. Seit 1987 war er nie wieder in Nicaragua. Mit seinem Vater hat er noch immer keinen Kontakt. Wir haben ihn und seine Mutter, bei dem Essen zu dem wir eingeladen waren, kennen gelernt. Unsere Bekannte hatte uns explizit dazu eingeladen weil wir ihr von unserem Seminar und unserem speziellen Interesse an der zweiten Generation von Lateinamerikanern erzählt hatten. Seine „Lebensgeschichte“ haben uns größtenteils seine Tante und seine Mutter erzählt. Als er bei dem Essen erfuhr, dass Sergio aus Kolumbien kommt, war ihm unübersehbar anzumerken, dass er aus seiner Langeweile über ein „Erwachsenengespräch“ geweckt worden war und hörte immer aufmerksam zu, wenn Sergio in der Diskussion etwas über sein Land und sein Leben in Kolumbien erzählt hat. So konnten wir mit ihm auch ein bisschen über das Thema sprechen, zum Beispiel über seine ersten Erfahrungen im Kindergarten. Außer seiner dunklen Hautfarbe ist jedoch nicht viel verblieben, was auf seine lateinamerikanischen Wurzeln hindeutet. Er spricht kein Spanisch mehr und aufgrund der abrupten Trennung mit vier Jahren kann er sich auch kaum noch an Dinge vor seiner Zeit in Deutschland erinnern. Auch weiß er anscheinend so gut wie gar nichts über das Land in dem er geboren wurde oder den Kontinent. Als wir ihn fragten, ob er gerne mal nach Lateinamerika reisen würde (worauf wir einen etwas bösen Blick der Mutter ernteten) sagte er, dass er darüber noch nicht nachgedacht hätte. Seine Sozialisation fand nur vier Jahre in Nicaragua statt. Da Kinder bis zu diesem Alter ja eigentlich nur persönliche Erinnerungen haben (zu Bezugspersonen etc.) und sich nicht bewusst sind, dass sie in einem bestimmten Land auf dieser Welt aufwachsen, ist die kaum vorhandene Verbundenheit und das Wissen über Nicaragua nicht weiter überraschend. Das jedoch angeblich kaum Interesse vorhanden ist, hat uns verwundert. Besonders dachten wir müsste der Fakt, dass man seinen Vater nicht kennt und vielleicht irgendwann mal wissen möchte, wer der Vater ist, einen automatisch mit dem Land verbinden oder ein Interesse entstehen lassen. In diesem Fall kann natürlich die Angst der Mutter, die anscheinend noch immer besteht, dieses natürliche Interesse unterdrückt haben. Interessant fanden wir, dass ein Mensch der seine ersten vier Lebensjahre vollkommen typisch in einem lateinamerikanischen Land aufgewachsen ist, heute keine Spur mehr davon bei ihm zu entdecken ist.

06.06.2005

Wir sind uns nicht sicher ob wir mit unseren bisherigen Feldbeobachtungen die Erfahrungen Anderer Deutscher „als anders angesehen zu werden“ beobachten konnten. Manchmal scheint es uns als würden wir der zweiten Generation, die wir beobachten, das Anderssein auferlegen und das kann nicht Ziel unserer Beobachtung sein. Wir planen in den nächsten Wochen einen Interviewleitfaden zu entwickeln - wenn das im  Rahmen unserer Feldforschung in Ordnung ist -  und mit einigen Personen der zweiten Generation zu sprechen, um vielleicht doch die Erfahrung des „als anders angesehen zu werden“ genauer reflektieren zu können. 

In diesem Feldbericht sollten wir noch mal unseren Zugang zum Feld überlegen. Jeder Person die wir beobachten von vorneherein zu sagen, dass wir sie beobachten möchten, erscheint uns schwierig. Wir haben die Befürchtung, dass sich die Personen dann nicht mehr natürlich verhalten oder nur noch über das Thema sprechen möchten. Unser Ziel ist es aber sie in ihrem normalen Verhalten beschreiben zu können. Um ihre Anonymität zu wahren erwähnen wir aber nie Namen und versuchen sie auch sonst vor Zuordnungen zu schützen. Wir holen uns also nicht explizit eine Genehmigung ein, allerdings verstecken wir unser Interesse an dem Thema „Zweite Generation“ aber auch nicht und wenn es zu einem Gespräch über unsere Seminare dieses Semester kommt erwähnen wir auch das Seminar „Andere Deutsche“ und erzählen worum es dabei geht. Wenn wir Interviews führen werden/können werden wir natürlich vorher eine Genehmigung einholen.

Dieses Wochenende waren wir mit den Interstudis im Spreewald (als Organisatorin und als Teilnehmer). Daher hatten wir am Wochenende nicht die Möglichkeit eine Veranstaltung zu besuchen oder mit einer Bekannten oder einem Bekannten der zweiten Generation etwas zu unternehmen. Am Montag Abend waren wir auf einer Veranstaltung des Instituto Cervantes, dem spanischen Äquivalent zum Goetheinstitut. Santiago Gamboa hielt mit Unterstützung seiner deutschen Übersetzerin eine Lesung für sein neues Buch „Die Blender“. Die Veranstaltung fand auf Spanisch und Deutsch statt. Es waren überwiegend Kolumbianer, einige Deutsche und wie sich bei dem an die Lesung anschließenden Sektumtrunk, zu dem die kolumbianische Botschaft eingeladen hatte, herausstellte auch einige Jugendliche der zweiten Generation dort. So beispielsweise auch der Sohn einer Deutschen und eines Kolumbianers. Der etwa 16 Jahre alte Jungendliche war mit seiner Mutter zur Lesung gekommen. Er spricht anscheinend gut Spanisch denn er brauchte keine Kopfhörer um dem spanischsprachigen Teil der Lesung zu folgen. Mit seinen blonden Haaren und der hellen Haut entspricht er eher dem Stereotyp des „Standarddeutschen“ als dem Stereotyp eines Lateinamerikaners. Es war ihm anzumerken, dass er sich unter all den Leuten unwohl fühlte – was in dem Alter wohl normal ist. So ist es zu einem persönlicheren Gespräch mit ihm auch nicht gekommen und wir konnten keine interessanten Beobachtungen machen. Vermutlich sind so offizielle Veranstaltungen wie vom Instituto Cervantes, dem Ibero-Amerikanischen Institut und den Botschaften nicht die richtigen Orte um unsere Feldbeobachtungen zu machen.

30.05.2005

Diese Woche waren wir auf einer Party mit unserer halb-kolumbianischen Bekannten verabredet. Es war eine Party mit verschiedener Musik auf verschiedenen Floors in einem Club in Berlin. Einer der DJ´s spielte vornehmlich lateinamerikanische Musik und dort hielten wir uns auch den Großteil der Zeit auf. Auf dieser Party haben wir unsere Bekannte zum ersten Mal Salsa tanzen sehen – und obwohl sie sehr lateinamerikanisch aussieht war ihr Salsa-Tanzstil doch eher deutsch (will sagen nicht so beweglich und rhythmisch wie der von Lateinamerikanern). Das war im Hinblick darauf, dass sie sonst sehr lateinamerikanisch erscheint überraschend. Wenn man jedoch bedenkt, dass sie in Deutschland aufgewachsen und nur im Urlaub in Kolumbien gewesen ist ist diese Beobachtung auch wieder nicht so außergewöhnlich. Denn wir denken, dass einem das rhythmische Tanzen nicht „im Blut“ liegt sondern durch viel Übung und intensives Hören der bestimmten Musik entsteht. Um im Prozess der Sozialisation und besonders in der Phase vom elf bis Mitte zwanzig akzeptiert zu werden muss man in Kolumbien tanzen können. Und als Frau möglichst gut. Wenn man nicht tanzen kann wird man von der Gesellschaft ausgeschlossen. Sonst waren auf der Party Deutsche und auch einige („ganze“)

Lateinamerikaner. Ein interessante Beobachtung ist noch als unsere Bekannte mit einem kolumbianischen Freund längere Zeit am Rand auf einer Bank in einer dunklen Ecke saß und wir sie nachher fragten warum sie sich denn von unserer Gruppe zurückgezogen hätten sagte sie, schließlich wären sie Kolumbianer und die würden ja dunkle Geschäfte machen. Damit hat sie sich wieder als Kolumbianerin bezeichnet (obwohl sie nur einen deutschen Pass hat) und mit einem empfindlichen Punkt der Kolumbianer einen Witz gemacht. Denn dass diese Nation auf der ganzen Welt mit Drogenhandel in Verbindung gebracht und oft gegen Vorurteile kämpfen muss ist eine Wunde von Kolumbianern. Und Witze darüber verstehen sie nur selten. Eine halb-kolumbianische Frau konnte diesen Witz aber ohne Probleme und sarkastischen Beigeschmack machen.

23.05.2005

Es gibt eine Gruppe in Deutschland, die verschiedene Organisationen in Kolumbien unterstützt. Diese Gruppe besteht aus Deutschen und Lateinamerikanern und heißt „Kolumbien Odyssee“ (www.labournet.de/internationales/co/cocacola). Ihr Ziel ist es die Firma Coca Cola zu boykottieren und die Finanzierung paramilitärischer Gruppen durch diese Firma zu denunzieren. Über dieses Thema kam es zu einem Gespräch mit einem Deutschen dessen Vater Chilene ist und der sich in verschiedenen Gruppen zu politischen Themen in Lateinamerika engagiert. Dieser Mann spricht perfekt Deutsch und Spanisch und ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Als er dreizehn Jahre alt war ging es mit seinen Eltern nach Chile und blieb dort fünf Jahre. Nach fünf Jahren kehrte er nach Deutschland zurück. Er sieht aus wie ein Deutscher aber hat den chilenischen Nachnamen des Vaters und ist kann somit von Deutschen als „anders“ angesehen werden. Sein Spanisch ist mit  einem chilenischen Akzent und auch sein Verhalten, der Kontakt mit Fremden ist sehr offen und typisch lateinamerikanisch (der Begrüßungskuss für Frauen, der Handschlag für Männer, seine Kleidung etc.). Er studiert lateinamerikanische Studien und interessiert sich generell für alles was auf dem Kontinent passiert. Daher engagiert er sich auch in verschiedenen deutschen Gruppen, die zu diesen Themen arbeiten. Die Verbindung zu dem Heimatland (und/oder Kontinent) seines Vaters ist also sehr stark. Man könnte denken das das einzige Deutsche was er besitz der deutsche Paß ist. Wenn wir hier einen kleinen Interpretationsansatz über die lateinamerikanische Gruppe in Deutschland wagen scheint es bis zu diesem Punkt so dass die Deutschen mit lateinamerikanischem Hintergrund sich sehr mit diesem identifizieren beschäftigen und diesen auch offen vorzeigen wollen.

16.05.2005

 Unter der Rubrik Vereine und Organisationen gibt einen Link für Frauen und Kinder. Unter diesem wird über verschiedene Vereine berichtet, die für Menschen mit lateinamerikanischen Wurzeln interessant sein können.

● der Circulo Argentino de Señoras de Berlin ist ein argentinischer Frauenkreis. Er wird von Frauen aus lateinamerikanischen Ländern und Deutschen gebildet. Sein Ziel ist es, die Kultur und Sprache Argentiniens zu pflegen und zu vermitteln, um somit einen Austausch mit anderen Kulturen anzuregen und zu fördern. Es gibt ein Programm bestehend aus musikalische Veranstaltungen, Lesungen, Filmvorführungen, Ausstellungen etc..

Grupo de mujeres latinas ist die größte lateinamerikanische Frauengruppe in Berlin.  Auch hier erscheint ein monatliches Programm mit Aktivitäten und kulturellen Ereignissen in Berlin. Alle zwei Jahre findet die "Noche Cultural Latina" statt, in der jedes Land seine Kultur und Bräuche vorstellt.

Mujeres de esta tierra – Frauen dieser Erde e.V. Dieser Verein hat das Ziel einen Raum zu schaffen, in dem sich Frauen mit lateinamerikanischen Wurzeln treffen können. Erstens um ihre Problematik als Frau und/oder Immigrantin in Bezug auf sozialpolitische, wirtschaftliche, psychologische und kulturelle Aspekte zu diskutieren und sich gegenseitig zu helfen. Zweitens werden Seminare, Diskussionsveranstaltungen und Workshops angeboten. Außerdem wird ein Dokumentationszentrum zum Thema "Frau und Migration“ eingerichtet, Publikationen herausgeben und Projekte in Lateinamerika unterstützt. Weiterhin werden Spanischkurse für Jugendliche aus binationalen Ehen sowie Deutschkurse für Frauen organisiert. Somit ist der Verein im besonderen ein Treffpunkt für Andere Deutsche, Jugendliche von denen ein Elternteil lateinamerikanisch ist und die sich mit dem Erlernen der Muttersprache dieses Elternteils ihren Wurzeln vielleicht nähern wollen. Dieser Verein ist professioneller als die vorhergehenden und auch im Internet vertreten (http://www.mujeres-de-esta-tierra.de/). Auf dieser Seite sind auch Foren zu den Themen Arbeit, Leben als Einwanderer etc. zu finden. Die Seite ist in spanisch und deutsch verfügbar.

S.U.S.I. - INTERKULTURELLES FRAUENZENTRUM – zu finden im Internet unter http://www.susi-frauen-zentrum.com/top.htm . S.U.S.I. bietet lateinamerikanischen Frauen soziale, psychologische und rechtliche Beratung an. Zweimal wöchentlich findet eine medizinische Beratung statt. Auf Wunsch kann auch eine psychotherapeutische Behandlung vermittelt werden. Inhaftierte spanisch-sprechende Frauen werden während des Strafverfahrens und des Strafvollzugs von S.U.S.I.-Mitarbeiterinnen betreut. Die Selbsthilfegruppe der Nikaraguanerinnen und der Schreibwerkstatt "Cantos de Flores" werden von S.U.S.I. schon seit mehreren Jahren unterstützt. Die Breite des kulturellen Angebotes erstreckt sich über regelmäßigen Spanisch- und Deutschunterricht bis zu Film- und Videovorführungen. Tanz-, Musik- und Theatervorstellungen verschiedener lateinamerikanischer KünstlerInnen werden mehrmals im Jahr organisiert. Ebenso finden literarische Lesungen mit künstlerischem Rahmenprogramm statt. In diesem Zusammenhang werden auch Ausstellungen ermöglicht. Insofern ist dieser Verein vor allem ein Raum für Lateinamerikanerinnen in Deutschland. Wir werden weiter recherchieren ob sich dort auch Andere Deutsche treffen oder engagieren.

Verband binationaler Familien und Partnerschaften, IAF E.V - Die iaf ist eine bundesweite Selbsthilfeorganisation binationaler Familien und Partnerschaften mit dem Ziel, die rechtliche und gesellschaftliche Situation binationaler Familien und Partnerschaften sowie der in Deutschland lebenden MigrantInnen zu verbessern. Der Verein besteht überwiegend aus binationalen Paaren mit jeweils einem deutschen und einem nicht-deutschen Partner. Bundesweit existieren ca. 50 regionale Gruppen. Der Sitz des Verbandes befindet sich in Frankfurt am Main. Es ist also nicht nur ein Verein für Paare mit einem lateinamerikanischen Partner aber es ist gut vorstellbar dass sich hier auch Andere Deutsche organisieren und/oder austauschen. Die Internetseite des IAF ist http://www.verband-binationaler.de/.

XOCHICUICATL e.V. - Lateinamerikanischer Frauenverein - Xochicuicatl e.V. setzt sich zusammen aus Frauen lateinamerikanischer Herkunft. Das Ziel dieses Vereins ist es, die Integration dieser Frauen und ihrer Familien zu fördern. Er bietet Hilfestellung bei familiären, kulturellen und sozialen Konflikten in Zusammenhang mit dem Integrationsprozeß in die deutsche Gesellschaft. Weiterhin wird ein Raum für kulturelle Aktivitäten geboten, um ein besseres Verständnis der lateinamerikanischen Kultur zu erlangen und damit einen aktiven Austausch zwischen den unterschiedlichen Kulturen der Berliner Gesellschaft voranzutreiben. Der Verein soll als Begegnungsort zum Erfahrungsaustausch der lateinamerikanischen Frauen dienen. Außerdem werden Aktivitäten mit Kindern verschiedener Altersgruppen unterstützt, um ihre Identität als Menschen zweier Kulturen zu erleichtern. Es gibt ein breites Angebot (Treffpunkt, Beratung auf Spanisch und Portugiesisch, soziale, psychologische und juristische Beratung, Computerkurse, Sprachkurse, Freizeitaktivitäten, Nähkurs, Kinderclub (3 bis 9 Jahre), Bibliothek (Spanisch, Portugiesisch, Deutsch), literarische Treffen, kulturelle Veranstaltungen etc.).

Wir möchten uns weiter mit diesen Vereinen auseinandersetzen und recherchieren welche von ihnen wirklich en Treffpunkt für Andere Deutsche sind und daher für unser Forschungsinteresse relevant.

Dieses Wochenende waren wir mit einer Bekannten unterwegs, deren Vater aus Kolumbien ist. Sie ist aber in Deutschland aufgewachsen. Sie spricht perfekt Deutsch und Spanisch mit einem kolumbianischen Akzent (und benutzt auch typisch kolumbianische Worte, die in keinem anderen lateinamerikanischen Land verwendet werden). Ihre Verbindung zu Kolumbien scheint sehr stark zu sein. Sie hat jedoch nie in Kolumbien gelebt sondern war nur in den Ferien für einige Wochen dort, um die Familie ihres Vaters zu besuchen. Besonders in Hinsicht dessen ist es interessant, dass ihr Wissen über das Land, die Politik, die Musik (sogar lokale Bands) sehr breit ist. Im nächstes Wintersemester wird sie für ein Jahr in Kolumbien studieren. Auf den ersten Blick würde man sie als „echte“ Lateinamerikanerin identifizieren.  Zwar ist ihre Physiognomie nicht sehr lateinamerikanisch (sie ist nicht sehr dunkel) aber sie trägt z.B. Ketten und Blusen, die typisch für dort sind und ein Armband in den nationalfarben. So eindeutige Sympathiebeweise sind im Land selbst nicht so häufig anzutreffen. Vielleicht ist der Patriotismus der 2. Generation, der Anderen Deutschen schein oft stärker als der der Menschen in dem Land. Als wir im Cafe waren und sie sich den vierten Kaffee bestellt hatte und jemand sagte „Du Kaffeetante, meinst du nicht, dass es jetzt reicht?“ antwortete sie „ihr wisst doch wo ich herkomme!“. Kolumbien ein „Kaffeeland“, es wird viel angebaut und exportiert. Generell sind unsere Gespräche immer sehr dominiert von Themen, die Kolumbien betreffen. Das mag mit anderen Leuten anders sein - aber da wir eben selbst eine starke Verbindung zu dem Land haben und viel wissen und damit auch verstehen können werden solche Themen vermutlich auch schnell hervorgerufen.

10.05.05:

 Mecheril (1997) versteht unter Andern Deutschen „Menschen, die wesentliche Teile ihrer Sozialisation in Deutschland absolviert haben und die Erfahrung gemacht haben und machen, aufgrund sozialer oder physiognomischer Merkmale nicht dem fiktiven Idealtyp des oder der „Standard-Deutschen“ zu entsprechen, weil ihre Eltern oder nur ein Elternteil oder ihre Vorfahren als aus einem anderen Kulturkreis stammend betrachtet werden“.

 In unserer Feldforschung werden wir uns mit Anderen Deutschen lateinamerikanischen und spanischen Hintergrunds beschäftigen. Wir denken das es ein geeigneter Raum ist weil wir beide diesem aufgrund unserer Sprachkenntnisse und der Kenntnisse des kulturellen Hintergrunds gute folgen können. Beispielsweise hatte uns auch die Seite vaybee der Türken/Deutsch-Türken interessiert aber nach mehrmaligem Besuchen der Foren dort mussten wir feststellen, dass man den Diskussionen ohne Türkischkenntnisse oft nicht gut folgen kann, da sich die Teilnehmer zwischendurch immer wieder auf Türkisch kommunizieren. Unser Projekt die fünfjährige afro-deutsche Tochter eines befreundeten Paares zu beobachten ließ sich ebenfalls nur schwer umsetzen, da ein wöchentlicher gemeinsamer Termin nicht zu finden war.

Natürlich bringt auch unser Feldprojekt, die Beobachtung der lateinamerikanischen und spanischen Anderen Deutschen Probleme mit sich. So gibt es, obwohl die Lateinamerikaner in Berlin sich zum Beispiel schon in der vierten Generation befinden[1], keine Onlineräume, in denen sich diese Anderen Deutschen kommunizieren.  Zur Erklärung dieses Phänomens (die Onlineräume zum Beispiel der Türken werden sehr intensiv genutzt) haben wir drei Hypothesen entwickelt. Die erste ist, dass die Anderen Deutschen dieser Gruppe  den persönlichen Kontakt dem virtuellen Kontakt vorziehen. Die zweite ist, dass die Integration effektiv war und diese Gruppe sich nicht ihren eigenen Raum sucht – sich vielleicht gar nicht mit Lateinamerikanern oder Spanier identifiziert. Die dritte Hypothese ist, dass es in dieser Generation nur eine kleine Gruppe gibt. Dagegen spricht aber , dass es z. B. sehr viele Restaurants, Bars etc. gibt und diese Orte immer gut besucht sind. Diese können, aufgrund des Verbots für Migranten in Deutschland sich nach kurzer Zeit im Land selbständig zu machen, nur von lange in Deutschland lebenden Lateinamerikanern oder Spaniern geführt werden.

 Die Internetseite www.lateinamerika-in-berlin.de ist eine Plattform über lateinamerikanische Kultur und Lebensweise in Berlin. Die verschiedenen Bereiche die auf dieser Seite angesprochen werden sind: Veranstaltungen, Vereine, Dienstleistungen, Medien, Kultur, Bildung, Reisen, Vertretungen, Gastronomie, Handel und andere Städte. Außerdem gibt es ein Gästebuch, in dem sich die Besucher der Seite kommunizieren und Empfehlungen geben. Unter der Rubrik Veranstaltungen sind Informationen über Konzerte, Tanz/Parties, Vorträge/Konferenzen, Filme, Ausstellungen, Lesungen, Theater, TV, Radio und verschiedenes mehr zu finden. Wir werden eine Veranstaltung wöchentlich besuchen und dort die Anderen Deutschen lateinamerikanischen oder spanischen Hintergrunds beobachten. Die Suche nach Onlineforen oder Chats werden wir aber auch weiterhin fortsetzen.

Die Rubrik Vereine und Organisationen ist aufgeteilt in Allgemeines, Frauen/Kinder, Argentinien, Chile, Cuba, Ecuador, Kolumbien, Mexiko, Nicaragua und Peru. Besonders bei den Vereinen für Frauen und Kinder gibt es sehr interessante Organisationen, bei denen sich ein Besuch für unser Forschungsvorhaben anbieten würde. Über die verschiedenen Organisationen berichten wir genauer in unserem Feldbericht für die nächste Woche.                      Auf der Seite werden zum Beispiel auch Kindergärten mit bilingualer Vorschulerziehung empfohlen.

 Diesen Samstag waren wir auf einem Konzert einer Band mit dem Namen Voltaire. Der Sänger dieser Band ist mit einer Freundin von uns befreundet. Er heißt Ronald Voltaire und sein Vater ist Bolivianer. Die Band singt auf Deutsch und Ronald spricht kein Spanisch. Er kommt aus Bonn und hat dort sein ganzes Leben gewohnt. Interessanterweise waren auf der Party mehrer befreundete Frauen von der Band, die eindeutig auch lateinamerikanische Wurzeln hatten aber begeistert von der deutschen Musik in der ersten Reihe tanzten. Sie tanzten allerdings mit lateinamerikanischen Tanzschritten und viel energievoller und begeisterter als die anderen Besucher. Und auch ihre Kleidung sah lateinamerikanisch aus. Obwohl Ronald kaum Nähe zu Bolivien besitzt haben sie sich entschieden die Band Voltaire zu nennen. Also den Namen des bolivianischen Vaters zu nutzen. Auch die Frauen sprachen viel von Lateinamerika und „ihren Ländern“ und der lateinamerikanischen Musik (obwohl sie alle nie wirklich dort gelebt hatten) als sie erfahren hatten, dass wir von dort kommen/längere Zeit dort gelebt haben. Danach wollten wir eigentlich auf eine Party am Treptower Park gehen. Sie findet jeden 1. Samstag des Monats statt und wurde uns von einer Freundin empfohlen, die selbst einen spanischen Vater hat und gerne dort hin geht.

Die Musik ist LatinRock, LatinSka & Reggae, Cumbia, MestizoRock, Brasilian Beats und Latin HipHop. Die HausDJs sind aus Kolumbien, Argentinien, Bolivien und El Salvador. Da wir diesen Samstag zu lange bei dem Konzert waren haben wir das nicht mehr geschafft und werden es dann Anfang nächsten Monats nachholen.


[1] www.elcolibri.de

18.04.05:

Zwei Gruppen von „Anderen Deutschen“ nach der Definition von Mecherli haben unser Interesse geweckt.

Zum einen hervorgerufen durch die Tochter eines befreundeten Paares. Das Mädchen ist 6 Jahre alt und hat eine deutsche Mutter und einen tansanischen Vater. Ihre hybride Identität (die Terminologie die sogar im Seminartitel erscheint) ist offensichtlich. Besonders in den letzten Monaten beschäftigt sie sich intensiv mit dem Unterschied zwischen schwarzen und weißen Menschen. Aber ob sie selbst sich als weißes oder schwarzes Mädchen sieht bleibt noch unklar. Da sie ein intelligentes Kind ist und viel denkt und über Ihre Gedanken spricht entstand die Idee ein Projekt zu dem Identitätsproblem von halbafrikanischen Kindern zu entwickeln (die Kinder in einer Kita oder Schule zu beobachten und mit Ihnen Projekte zu machen). Dabei ergab sich jedoch das Problem, dass Mecherli in seine Definition von „Menschen, die wesentliche Teile ihrer Sozialisation in Deutschland absolviert haben...“ spricht. Kinder in diesem Alter habe jedoch Ihre Sozialisation noch nicht abgeschlossen.

Also entstand eine zweite Projektidee. Die „Anderen Deutschen“ in diesem Projekt sind die Lateinamerikaner der 2. Generation, die hier in Deutschland – speziell in Berlin/Brandenburg - leben. Für dieses Projekt spricht, dass wir beide die 2. Sprache dieser „Anderen Deutschen“ sprechen und uns durch diese Voraussetzung der Zugang zu der Gruppe erleichtert wird.  Hinsichtlich der Größe dieser Gruppe scheint sie nicht so bedeutend wie zum Beispiel die türkische. Aber kulturell haben sich die Lateinamerikaner auch stark in Deutschland etabliert. Überall gibt es lateinamerikanische Cafes, Restaurants, Bars, Musik, Ausstellungen etc..

            Es gibt drei wichtige Internetseiten für die Gruppe der lateinamerikanischen „Anderen Deutschen“. Erstens die Seite www.latinosenlared.de. Diese Seite ist nur auf Spanisch. Sie ist ein Portal in dem Brücken zu anderen Seiten aufgebaut werden. Sie ist einfach gestaltet und nicht sehr informativ. Es gibt ein Forum in dem jedoch vor allem Spaniern deutsche Tandempartner oder Wohnraum in Deutschland suchen oder junge Deutsche spanischsprachige Tandempartner suchen. Die Kommunikation unter den „Anderen Deutschen“ wird auf dieser Seite wenig gefördert.

            Zweitens die Seite www.elcolibri.de. Diese Seite ist spanisch und deutsch und qualitativ besser als die vorher Beschriebene. El Colibri ist eine Zeitschrift für Lateinamerikaner und Deutsche mit lateinamerikanischen Wurzeln in Deutschland und sie haben auch diese Internetseite. Es werden Rezepte veröffentlicht, Restaurants, Konzerte etc., außerdem gibt es Artikel über aktuelle Ereignisse in den Ländern Lateinamerikas. Jedoch gibt es auch auf dieser Seite kein Chat und auch keine Forum.

          Die dritte und wichtigste Seite ist www.lateinamerika-in-berlin.de. Diese Seite ist nur in Deutsch. Es geht um die spanische Sprache und Kultur (Ausstellungen, Konzerte etc.), um Schulen und Universitäten, die Studien über Lateinamerika anbieten (z.B. FU), es werden Restaurants, Cafés, Bars etc. (sortiert nach Vierteln und Ländern) empfohlen, Bibliotheken und es wird Werbung für Veranstaltungen gemacht.

            Alle drei Seiten sind insofern unpersönlich, als dass kein konkreter Kontakt zwischen den Menschen hergestellt wird. Es gibt keinen Chat wo man Leute im Internet kennen lernen kann. Aufgrund unseres Erfahrung leiten wird daraus ab, dass die Lateinamerikanern/ „Anderen Deutschen“ mit lateinamerikanischen Wurzeln den persönliche Kontakt vorziehen. Sie sich im Internet über Orte informieren um sich mit Gleichgesinnten zu treffen und Erfahrungen auszutauschen, sich aber nicht online kommunizieren.

Keine der genannten Internetseiten hat einen „Gästezähler“. Daher kann man leider nicht nachvollziehen, wie viele Menschen die Seiten regelmäßig besuchen.

            Um diese Gruppe der „Anderen Deutschen“ regelmäßig zu beobachten möchten wir unter der Woche die Veränderungen auf den Seiten beobachten und eine Veranstaltung wöchentlich besuchen, um dort in Kontakt mit den Menschen zu kommen und sie zu beobachten. In unserem Feldwochenbuch möchten wir dann über diese Erfahrungen und Beobachtungen berichten. Zum Beispiel: welches Veranstaltung, von wem organisiert, wer waren die Besucher, welche Erfahrungen wurden ausgetauscht, wer besucht die Veranstaltungen regelmäßig, welche Altersgruppen, wir möchten versuchen die 2. Generation zu lokalisieren und beobachten wie sie sich verhalten. Versuchen sie sich zu integrieren, ihre Wurzeln zu finden oder sind sie „gleichberechtigtes“ Teil der Gemeinschaft.

 
© Urmila Goel, www.urmila.de 2005