Sommersemester 2005 - Andere Deutsche - Migration und hybride Identitäten
Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder
Dozentin: Dr. Urmila Goel, viadrina@urmila.de
Mehr Informationen auf www.urmila.de/viadrina

Die Studierenden des Seminars Andere Deutsche - Migration und hybride Identitäten beobachten seminarbegleitend "Andere Deutsche" an virtuellen oder physikalischen Orten. Auf dieser Website werden ihre unredigierten Feldwochenberichte online gestellt. Es sind erste Versuche der Feldbeobachtungen und haben nicht den Anspruch fehlerfrei zu sein. Bei Fragen und Kommentaren wenden Sie sich bitte an die Seminarleiterin Dr. Urmila Goel.

Feldbeobachtungen von Kathleen Heft

www.asia-zone.de

11.07.05:

„Was ist gut an Deutschland?“ Gute Frage. Könnte man mich auch fragen und ich würde zum Teil ähnliche Antworten geben (ja, das Brot!, das Wetter?!). Trotzdem ist eine wie ich, nicht wirklich angesprochen – die Formulierungen sind so gewählt, dass sich Andere mit einer Außenperspektive über die Deutschen und über Deutschland äußern sollen.

Der Wohlstand in Deutschland wird im Vergleich zu „Schwellenländern“ von einigen besonders hervorgehoben. Der Fragestellerin ist das aber zu allgemein, sie wünscht sich konkretere Beispiele, um „schlauer zu werden“. Unter anderem fragt sie nach dem Spezifischen der „deutschen Kultur“ (und stellt überhaupt sehr suggestive Fragen). Daraufhin wird das Essen positiv hervorgehoben und die deutsche Sprache. Das mit der Sprache findet die Fragestellerin seltsam/ungewöhnlich und ich ehrlich gesagt auch. Ich habe offenbar auch das Vorurteil im Kopf, dass Deutsch für die meisten, die nicht mit dieser Sprache aufgewachsen sind, nach „Hundegebell“ klingt. Genau dieses Vorurteil wird daraufhin explizit revidiert. In Folge entwickelt sich dann eine Diskussion darüber, welche Sprache die „härtere“ sei – Französisch oder Deutsch. Nach und nach melden sich auch BenutzerInnen zu Wort, die sich als Deutsche bezeichnen und – ganz im Gegensatz zu den „AsiatInnen“ – nichts Gutes an Deutschland finden.

Interessant an diesem Thread erscheint mir auch, wie die Fragestellerin klar getrennte Gruppen aufmacht: „Wir“ (die Deutschen), die etwas lernen wollen und „ihr“ (die „AsiatInnen“), die ihr eine andere, vergleichende Perspektive einnehmen könnt. Diese Perspektive wird auch von allen bereitwillig angenommen, selbst die, die sagen, dass sie in der deutschen Gesellschaft geboren und/oder aufgewachsen sind, nehmen diese Außenperspektive an und vergleichen Deutschland mit anderen Ländern, gegebenenfalls auch mit Italien oder anderen nicht spezifizierten Ländern/Regionen(?).

Ein Benutzer bemerkt, dass er zwar hier geboren wurde, sich aber erst einmal an die deutsche Ironie gewöhnen musste.

Unter „Sonstiges“ gibt es einen neuen Thread zu „Angehörigkeit“, der leider noch sehr wenige Antworten hat. Hier beschreibt ein Benutzer sehr detailliert seine Herkunftsgeschichte und seine „Probleme mit der Zugehörigkeit“ sowohl in Deutschland, als auch in verschiedenen asiatischen Ländern und würde gerne Erfahrungen austauschen. Stichwörter sind hier: „halb und halb“ und „keine richtige Heimat haben“; „Asiaten“ werden als „Gleiche“ beschrieben.

Ansonsten wird der „Terror in London“ ziemlich kontrovers diskutiert und in den AZ-News auf der Startseite findet sich ein sehr persönlicher Bericht von einem Benutzer, der zum Zeitpunkt der Anschläge in London war.

In der Singlebörse sucht der nächste deutsche Mann nach „asiatischen Mädels“ – zum asiatisch kochen und Karaoke(!) singen. In einer anderen Rubrik hat eine Frau einen Thread eröffnet in dem sie nach coming-out-Erfahrungen  sucht. Beide Threads wurden in den letzten Tagen nicht öffentlich beantwortet.

In der Woche habe ich mir auch einmal ältere Threads angeschaut und habe festgestellt, dass einige BenutzerInnen seit mehr als zwei Jahren im Forum aktiv sind und andere wiederum überhaupt nicht mehr posten, obwohl sie offenbar eine Zeit lang viele Einträge geschrieben haben.

04.07.05:

Sommerloch im Forum. Gerade passiert nicht viel auf der Seite, es gab sogar mal einen Tag keinen einzigen Eintrag im Forum, das ist ungewöhnlich.

Einige ältere deutschsprachige Berichte in den AZ-News wurden in den letzten Tagen erneut auf Vietnamesisch gepostet (ich nehme an, dass das Vietnamesisch ist). Die asia-zone.de funktioniert eigentlich auf Deutsch, aber anscheinend schreiben und lesen einige BenutzerInnen auch gerne ihre „Muttersprache“. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass es auch BenutzerInnen gibt, die nicht so gut Deutsch lesen.

In der Rubrik „Kino, TV & Musik“ bin ich auf einen älteren, zehnseitigen (!) Thread zu „Deutschland sucht den Superstar“ gestoßen. In der Staffel im Winter 2002/2003 hat eine „Asiatin“ (Vanessa) am Wettbewerb teilgenommen und wird hier von (fast) allen Seiten gelobt. Fast allen ist sie aufgefallen und sie finden sie „süß“, „cool“ und „nett“ und freuen sich, dass sie es so weit gebracht hat. Ziemlich schnell wir ein Aufruf gepostet, Vanessa durch Anrufe zu unterstützen, was auf allgemeine Zustimmung stößt.

(Ich zitiere jetzt doch mal an dieser Stelle, weil der Post ziemlich genau die Stimmung im Thread wiedergibt.)

„Asiapower! Laßt uns alle Vanessa durch Anrufe samstags unterstützen! Wann hat schon mal ein Asiate oder eine Asiatin eine so große Chance? Und wenn es jetzt so eine Gelegenheit gibt, dann sollten wir Asiaten/innen zusammenhalten und sie unterstützen, sodaß das Gesamtbild/Image von uns Asiaten/innen noch positiver in der Bevölkerung verankert bleibt! Wer ist alles dabei???“

Mit Verweis auf zwei Artikel im „Spiegel“ wird vermutet, dass die Abstimmungen über die Kandidaten manipuliert werden, das Wort „Ausgrenzung“ fällt an einer Stelle. Es wird auch argumentiert, dass man sie unterstützen sollte, anstatt wegzuschauen und, dass sie Hilfe (die Hilfe anderer „AsiatInnen“ nötig hätte. Noch im Mai 2005 wird betont, dass man auf Vanessa stolz sein könne.

Vanessa scheint ziemlich viel Identifikationspotential zu haben und das alleine schon durch ihr „Asiatin-Sein“, selbst jene, die meinen, dass sie nicht singen könne, sind bereit, sie im Wettbewerb solidarisch zu unterstützen.

Mittlerweile waren schon 68 BesucherInnen auf meinem Feldtagebuchblog, aber bis jetzt wurde nicht kommentiert, was ich schade finde. Andererseits bekomme ich immer einen Schreck, wenn ich eine Mail von der asia-zone.de bekomme, da die immer erst auf den zweiten Blick als Newsletter zu erkennen sind...

27.06.05:

Ich merke, wie ich eine gewisse Routine mit der asia-zone.de bekommen. Ich gehe auf die Seite, gucke mir kurz die AZ-News und die Werbung an (das „Fernsehprogramm für Asiaten“ hat seinen Platz mit Werbung getauscht, die jetzt besser ins Auge fällt) und logge mich ein, schaue mir mein Profil an (vier Kommentare von zwei Benutzern im Gästebuch) und gucke, wie viele BenutzerInnen mein Profil angeschaut haben (23), danach gehe ich ins Forum – ebenfalls mit Tunnelblick scheint mir. Ich weiß nicht, ob das so gut ist.

Deshalb habe ich mir heute das erste Mal die Rubrik „Ernährung und Gesundheit“ angeschaut. Chinesen verspeisen also Säuglinge... Der Link zu den Fotos funktioniert zwar nicht mehr, sie sind aber schnell zu finden und zeigen eine fragwürdige Kunstaktion. Ich bin etwas schockiert darüber, mit welcher Ernsthaftigkeit dieses Thema diskutiert wird. Die wenigsten scheinen diese Behauptung anzuzweifeln, sie wird wie eine Tatsache behandelt. (Wer alles isst, was vier Beine hat und dazu noch Affengehirne, der isst auch Babys.) Nur an wenigen Stellen wird die Diskussion etwas differenzierter, einerseits wird die Gruppe der „Kinderfresser“ auf einen kleinen Teil der Chinesen eingegrenzt oder aber auf potentiell alle „Mitmenschen“, unabhängig von ihrer Nationalität, ausgeweitet. Die Themen Abtreibung und Fragen der Moral werden in die Diskussion aufgenommen. Dass der Link auf eine Seite mit dem Namen „nationalistvietnameseforum“ verweist, scheint nicht relevant zu sein, auch rotten.com wird als Quelle akzeptiert. (Ich merke, dass ich wenig Ahnung von gängigen Feindbildern und nationalistischen Abgrenzungen zwischen ost-asiatischen Ländern/Bevölkerungen habe.) Einige BenutzerInnen bemerken, dass sie froh sind, in Deutschland zu leben. (Und das, wo doch „die Anderen“ immer Säuglinge essen...)

Die Hausarbeit im Kopf schaue ich mir ein paar Threads noch einmal genauer an, weil ich merke, dass mich ein paar Sachen besonders interessieren. Wie positionieren sich die BenutzerInnen der asia-zone.de? Wovon und von wem grenzen sie sich ab? Worauf sind sie stolz? Welchen Blick haben sie auf ihre „Wurzeln“ und auf Deutschland? Auf welchen Stuhl setzen sie sich? Wer ist wann und wo AsiatIn, Deutsche/r, Vietnamese/in etc.?

Der Thread zur „erziehung von viets“ ist da recht interessant. Die Diskussion verläuft entlang verschiedener Linien, die (fast) alle einen klaren Gegensatz zwischen „deutscher“ und „vietnamesischer“ Erziehung aufmachen. Dabei wird betont, dass es sich um einen Generationenkonflikt handelt. Eine Sichtweise geht davon aus, dass Eltern und andere Verwandte nicht verstehen, dass Erziehung in Deutschland anders läuft – „fortschrittlicher“ nämlich. Hier wird ganz klar Anpassung an „deutsche“ Verhältnisse gefordert. Andere BenutzerInnen betonen, dass die „deutsche“ Erziehung zu „liberal, freizügig und offen“ wäre. Eine typische „asiatische“ Erziehung wird von einigen als ein notwendiges Festhalten an „asiatischer“ Kultur angesehen, woraufhin eine Abgrenzung zu anderen Gruppen von MigrantInnen (Polen, Russen und Türken) folgt, die als assimiliert betrachtet werden.

Auch hier kommt die Diskussion nicht an den Themen „Rasse“/“Rassenstolz“ („“asiatisch“ ist aber eine Rasse“) und „Nationalstolz“ vorbei. Interessanterweise wird von zwei Benutzern bemerkt, dass es in Asien keinen Stolz auf eine vermeintlich „asiatische Rasse“ gibt (Stolz auf das AsiatIn-Sein), sondern, dass in Asien Nationalstolz vorherrscht (Chinesen sind stolz darauf, Chinesen zu sein). Der Stolz auf „asiatische Wurzeln“ wird ganz klar als ein Phänomen der zweiten Generation bzw. als Phänomen im Internet beschrieben. Hier wird also der Konstruktcharakter der Identität „AsiatIn“ hervorgehoben.

Ich merke, wie ich es immer problematischer finde, bestimmte Begriffe zu benutzen. Ich könnte jedes zweite Wort in Anführungsstriche setzen.

20.06.05:

Ich war letzte Woche in Warschau und habe keine Zeit gefunden, mich mit der asia-zone.de zu beschäftigen. Heute sehe ich, dass ich nicht die Einzige bin, die die asia-zone.de für wissenschaftliche Zwecke besucht. Im Thread „Sind Inder und Araber Asiaten?“ hat ein Benutzer explizit nach Freiwilligen für Interviews gefragt. Vorher hatte er übrigens schon einen Post geschrieben, den ich schon letzte Woche ausgesprochen (und auffällig) theoretisch und auch unangenehm belehrend fand. (Und rassistisch...) In seinem zweiten Post hat er dann anscheinend versucht, die Diskussion, die sich zu dem Zeitpunkt vorrangig um Nationalismus und Patriotismus drehte, in Richtung asiatische Minderheit zu drehen, was von den anderen BenutzerInnen vorerst ignoriert wurde, es wurden einfach weiter die Begriffe Nationalismus und Patriotismus diskutiert. Auch seine ganzen Ausführungen zu erster und zweiter Generation, Tradition etc. wurden nicht weiter kommentiert. Ich persönlich würde es jedenfalls nicht so toll finden, wenn mir eine/r erklären würde, wie ich so bin (als Frau zum Beispiel) und, wie meine Welt so üblicherweise funktioniert, besonders, wenn ich mich mit dem Thema noch nicht aus einer theoretischen Perspektive beschäftigt hätte. Im Forum hat sich bisher noch keine/r für ein Interview zur Verfügung gestellt, vielleicht ja über andere Kanäle? Dieser ganze Thread ist jetzt für mich durch diese Entwicklung noch um einiges spannender geworden.

Die neueste Suche nach einer Asiatin ist nach wie vor unkommentiert. Es gab auch diese Woche vier Neuanmeldungen im Forum, also nicht mehr so viele, wie in der Woche zuvor. Ich selbst habe in meinem Gästebuch einen weiteren interessierten Kommentar zu meinen Berichten gefunden. Ich habe auch beiden eine kurze Antwort geschrieben in der ich sie zum Lesen und Kommentieren (auch kritisch) ermuntert habe. Im Thread „gleiches mit gleichem“ wurden Homosexuelle mit Pädophilen/Kinderschändern gleichgesetzt!

13.06.05:

Dass ich meine Feldbeobachtung in meinem Profil kund getan habe, hatte bis jetzt keine Auswirkungen – überhaupt haben sich nur vier BenutzerInnen mein Profil angesehen, und ich glaube mich zu erinnern, dass das schon vor letzter Woche passiert ist. (Der Link zu meinem Blog wurde nicht angeklickt.) Das hatte ich auch vermutet, Leute deren Profile viel besucht werden, haben meistens Fotos im Profil und schreiben viele Einträge in private Gästebücher.

Ups, habe doch gerade eben einen Eintrag in mein Gästebuch bekommen: die Person meint, dass das interessant klänge und will es sich durchlesen ... ich bin gespannt, habe aber auch ein wenig Angst, dass sich Leute angegriffen fühlen könnten und zum „Gegenangriff“ starten! (Mittlerweile waren sechs BesucherInnen auf meinem Profil.)

Dass im Forum jetzt Credits verteilt werden, scheint Wirkung zu haben. Ich habe die Anzahl der Beiträge im Forum zwar vorher nicht verfolgt, und habe demnach keine Vergleichszahlen, in der letzten Woche wurden aber ziemlich viele Beiträge geschrieben – 166! – und es haben sich knapp zehn (von 305) neue BenutzerInnen angemeldet.

Habe gemerkt, dass mich viele Threads wenig ansprechen, „Ist Selbstmord eine Lösung?“ ist einer von einigen langen und stetig wachsenden Threads auf die das zutrifft. Im Thread zur Hochzeitsmusik hat sich immer noch nichts getan.

Aber im Thread „Sind Inder und Araber Asiaten?“ hat sich einiges bewegt. Die Nationalstolz-Diskussion wurde fortgeführt. Irgendwann kam der Einwand, dass auffälliger Nationalstolz ein typisches Phänomen für im Ausland lebende AsiatInnen („Exilanten“, „Vietnamesen“, „Chinesen“) sein könnte. Von einigen wird betont, dass der (von mir bereits erwähnte) Begriff „vietpride“ typisch für das Internet (in Deutschland) wäre und nicht allzu ernst genommen werden sollte.

Seit letzten Montag gibt es mal wieder eine Suchanzeige von einem Mann, der eine Asiatin für eine Beziehung sucht. An Ende schreibt er, dass er keine dummen Sprüche lesen will und ergänzt, dass sie dort stecken gelassen werden sollen, “wo es dem Intelligenzmanko entsprechend entsorgt wird“. Das fand wohl keine/r der ForenbenutzerInnen nett, der Eintrag wurde seitdem nahezu ignoriert. Er wurde lediglich 14 mal angesehen (mindestens drei mal von mir), Kommentare gab es letztlich gar keine. Das war eine – das ist mein Eindruck –  klare Absage an Pöbeleien „von Außen“. (Der Suchende hatte sich extra und nur für diesen Beitrag angemeldet und sich mit seinem Kommentar klar von den anderen ForenbenutzInnen abgegrenzt.)

In der Rubrik „Alltägliches aus aller Welt“ wurde en Thread zu „Neuwahlen“ angefangen. Insbesondere geht es um die Wahlprogramme verschiedener Parteien.  Ich war erstaunt – und

hier ertappe ich mich selber bei einem Vorurteil –, dass sehr wenig über „Ausländer/Einwanderungsproblematiken“ etc. diskutiert wird! Es geht in den Beiträgen viel eher um das Wohlergehen der deutschen Wirtschaft und um, für notwendig erachtete, Reformen. Auch die CDU wird von vielen als Wahlmöglichkeit angesehen. Verschiedene Migrationshintergründe scheinen in den Überlegungen eine eher nebensächliche Rolle zu spielen.

Gerade noch einmal frisch auf den Gebrauch des Begriffs „Rasse“ sensibilisiert, fällt mir auf, dass dieser Begriff in der asia-zone.de unter anderem zur Selbstbeschreibung verwendet wird. Auf die Frage nach der „Rasse“ wird in einem Thread mit „Kaukase“ geantwortet. In der Messagebox wurde vor ein paar Tagen eine Frau gefragt, ob sie „Mischling“ wäre, was sie mit „ja, ich bin Mischling“ bejahte. In beiden Fällen erschien mir die Frage und die Reaktion der Angesprochenen normal und alltäglich. Ich persönlich würde doch sehr schlucken, wenn ich so direkt auf meine „Rasse“ oder auf meine „Mischung“ angesprochen werden würde. (Das kommt zwar ab und an vor, aber nicht mit diesen Begrifflichkeiten. Die Fragen sind dann viel „dezenter“, von wegen: „Auf dem Foto siehst du aus, wie eine Japanerin/ hast du asiatische Augen! Wo kommt das her?/ Hast du Asiaten in der Familie?“ Aber meine „Mischung“ ist ja auch viel dezenter – nahezu unsichtbar – und die vermeintlichen asiatischen Gene sind, so meinen die Leute, wenn überhaupt, vor langer Zeit in meine Familie gekommen.)

Zu den „10 Asia-Zone Forum Geboten“: Größtenteils das Übliche. Respekt wird gewünscht, offiziell kein Fluchen, kein Spam, keine Pornografie o.ä. Einige „Gebote“ haben etwas von einer erzieherischen Maßname: „Du sollst nicht vom Thema abkommen und den roten Faden beibehalten.“ (Gebot 8). Auffällig sind die Formulierungen, die mich sehr an den Dekalog erinnern: „Du sollst nicht ...“! Mit meiner Anmeldung im Forum stimme ich den „10 Asia-Zone Forum Geboten“ zu. Einige der „Gebote“ werden in Frage gestellt, ihre Existenz wird unter anderem mit Verweis auf die Außenwirkung des Forums begründet.

06.06.05:

Soll ich mich in der asia-zone.de bemerkbar machen bzw. bei den Webmastern um Erlaubnis fragen? Die erste Frage die ich mir stelle, ist: „Wie öffentlich ist die asia-zone.de?“ Ein Grossteil der Seite kann ohne Anmeldung eingesehen werden und auch im Forum kann „als Gast“, d.h. ohne verifizierte Anmeldung (über eine E-Mail Adresse zum Beispiel) geschrieben werden. Einige Bereiche der Seite – die Profilseiten der BenutzerInnen nämlich – können nur nach vorheriger Anmeldung eingesehen werden. Das Gleiche gilt für alle Bereiche in den Credits verbraucht werden, wie in den privaten Gästebüchern. Für die Anmeldung gibt es keine besonderen Vorraussetzungen. Ich muss keiner speziellen Nationalität oder Altergruppe angehören, noch eine bestimmte Herkunft angeben oder andere Kriterien erfüllen. Mein Eindruck ist, dass sich die asia-zone.de vorrangig über Werbung finanziert, und dafür eine möglichst große Anzahl von BenutzerInnen vorweisen muss, die übrigens auch Werbung per E-Mail erhalten. Die Statistik zählt momentan über 11.000 BenutzerInnen, die alle regelmäßig mit Werbung angeschrieben werden! Meine Vermutung ist, dass deswegen eine Anmeldung nötig ist, immerhin bekommt eine/r als angemeldete BenutzerIn auch Webspace zur Verfügung gestellt, der bezahlt werden muss.

Ich bin mir lediglich nicht ganz im klaren, ob ich eventuell gegen das (schwammig formulierte) Copyright verstoße. (?) Fallen meine Berichte unter die Floskel „jede Art der Weiterverwendung“? In dem Fall müsste ich eigentlich um Genehmigung fragen. Generell denke ich aber, dass ich nicht direkt Inhalte (der Inhalte wegen) kopiere, insbesondere, da ich in meinen Berichten mittlerweile noch stärker anonymisiere und Inhalte paraphrasiere.

Ich habe auch nicht den Eindruck, dass die asia-zone.de ein besonders prekärer, geschützter Raum ist – ganz im Gegenteil denke ich, dass sich hier Menschen bewusst öffentlich präsentieren und aus diversen Kommentaren im Forum (u.a.: „Die 10 Asia-Zone Forum Gebote“) entnehme ich auch, dass sich zumindest einige BenutzerInnen der Öffentlichkeit ihrer Einträge bewusst sind. Im Falle einer Anfrage bei den Webmastern befürchte ich, dass dies unnötige Unruhe verursachen würde und eventuell sogar thematisiert werden könnte. Die Konsequenz, die ich für den Moment aus diesen Betrachtungen ziehe ist, dass einen Hinweis auf meine Feldbeobachtung und einen Link, sowohl auf die Homepage meiner Dozentin, als auch auf mein Feldbericht-Blog (http://imfeld.blogspot.com) auf meiner Profilseite unterbringen werde. Sollte ich mich dazu entschließen, mich im Forum zu Wort zu melden, werde ich ebenfalls eine Signatur  mit diesem Inhalt erstellen.

Einige Dinge haben sich in der letzten Woche geändert. In nächster Zeit wird wahrscheinlich das Forum mehr Andrang haben, weil nun auch hier Credits für Neuanmeldungen und geschriebene Einträge vergeben werden. (Heute sind es 296 BenutzerInnen mit 23012 geschriebenen Einträgen.) Außerdem kann eine/r sich jetzt als „Männlein“ oder „Weiblein“ in der asia-zone.de anmelden (siehe Bericht vom 25.04.05). Offenbar wird auch an einem neuen Layout gebastelt.

Tatsächlich scheint im Forum mehr zu passieren, ich habe den Eindruck, dass es mehr Einträge gibt und vor allem, dass unbekannte Nicks auftauchen. Heute ist mir der Thread „Sind Inder und Araber Asiaten?“ aufgefallen. Hier wird unter anderem ‘Ausländer-Sein’, ‘Rasse’ und ‘Rassismus’ diskutiert. Interessant ist die klare Abgrenzung einiger zwischen ‘uns’ und ‘den anderen’ bei gleichzeitiger Betonung der westlichen Sozialisation in Deutschland. Welche Identitäten und Abgrenzungen bilden sich hier um das Konzept der Rasse und wie wird das ganze im deutschen Kontext verhandelt?

29.05.05:

Ich habe einige neue Suchanzeigen im Forum gefunden. Eine Frau sucht ein spezielles Kleid (mit Foto) woraufhin ihr ziemlich schnell der Name (Qui Pao) dieses traditionell chinesischen Kleides mitgeteilt wird. Außerdem folgen weniger hilfreiche Tipps zum Kauf (Ebay, unbenannte Boutiquen in Großstädten) und kurze Anekdoten. Nachdem die gewünschte Information rübergebracht ist, nutzen Viel-NutzerInnen des Forums den Thread dazu, sich über Korsagen zu unterhalten. Das Forum wird von ihnen nicht als Raum für schnell zu beantwortende Fragen genutzt sondern dazu, ein ‘Gespräch’ zu entwickeln. Wenig ergiebige Themen werden dann als Inspiration für scheinbar interessantere/prekärere/witzigere Themen genutzt.

In einer anderen Suchanzeige fragt ein Moderator im Namen seiner Mutter nach vietnamesischen Hochzeitsliedern für die Hochzeit seiner Schwester. Die Rubrik „Kino, TV & Musik“ ist eigentlich eine der meistgenutzten Rubriken und der Nutzer ist einer der aktivsten Nutzer des Forums, trotzdem wurde ihm in den letzten 24 Stunden nicht geantwortet (zumindest nicht im öffentlichen Forum). Vielleicht sind die BenutzerInnen der asia-zone.de aufgrund ihres Alters (oder ihrer Distanz zu Vietnam?) nicht die richtigen AnsprechpartnerInnen für solche Fragen? Trotzdem wundert mich, dass nicht einmal ein ‘dummer’ Spruch gepostet wurde, wie es sonst des öfteren gemacht wird, wenn kein inhaltlicher Beitrag möglich ist. (Vielleicht hat eine Heirat hier einen anderen Stellenwert, als sie es für mich hat?)

Die selten genutzte „Singlebörse“ hat einen neuen Eintrag. Der Suchende hat sich extra neu im Forum unter dem Nick ChinaFan*** (von mir gekürzt) angemeldet und sucht eine Asiatin oder Deutsche in der Nähe einer bestimmten Stadt. Es ist weder aus dem Profil, noch aus dem Eintrag ersichtlich, ob sich der Suchende zu den ‘Asiaten’ zählt – hier anscheinend ausschließlich Ost- und Südostasiaten – oder, ob er als ‘Nicht-Asiat’ eine asiatisch aussehende Freundin sucht. (Wahrscheinlich geht es ja bei so einer Suche nicht nur um das Aussehen, sondern auch um andere Zuschreibungen.) Ich würde aber vermuten, dass der Suchende keinen asiatischen Hintergrund hat, alleine der Nick deutet auf eine Außenperspektive, nämlich die eines Fans hin – einer Person also, die für etwas/jemanden schwärmt, dass sie nicht selbst ist oder hat. Die Suchanzeige ist ausführlichst und der Suchende präsentiert sich im besten Licht, bekommt aber keine öffentliche Antwort von einer Frau. Auch hier wird der Thread sofort von den Viel-NutzerInnen ‘übernommen’ und ChinaFan*** meldet sich nicht mehr zu Wort. Ein Viel-Nutzer bemerkt etwas harsch, dass der Eintrag zuvor schon einmal gelöscht worden wäre (Moderatoren können ganze Threads löschen) und bezeichnet sowohl den ersten, als auch den erneuten Post als Fehler. Diese Reaktion wird von anderen Viel-NutzerInnen als unfreundlich und einschüchternd  kritisiert bzw. dann auch wieder relativiert. Warum der Thread gelöscht wurde, wird nicht geschrieben. Vielleicht haben einige in der asia-zone.de schlechte Erfahrungen mit Suchanzeigen nach dem Schema: „Suche Asiatin“ gemacht? Zum Thema Einschüchterung schreibt ein anderer, dass im Internet jede/r anonym wäre und eine/r deshalb nicht eingeschüchtert werden könnte(!). Ein weiterer Benutzer, der scheinbar häufig - aber immer unangemeldet unter verschiedenen Nicks (immer mit harry im Nick) – schreibt, bemerkt, dass er Asiatinnen auch „sau GEIL“ findet, was nicht mehr kommentiert wird. Können sich Viel-SchreiberInnen da mehr erlauben? (Ich denke ja.) Der selbe Nutzer bemerkt dann auch, dass jene Rubrik nicht viel von Frauen benutzt würde, woraufhin ihm geantwortet wird, dass das ganze auch über private messages laufen kann.

Habe heute erneut in die Galerie geschaut und mir noch einmal bewusst gemacht, dass sich viele BenutzerInnen der asia-zone.de auch an physischen Orten treffen und auch ein Stück weit außerhalb des virtuellen Raumes eine ‘Community’ (re)präsentieren (wollen).

Es gibt einen „Shopperstatus“ – zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Ebay – durch den Credits erworben werden können. Außerdem gibt es neuerdings mehr Werbung auf der Startseite. Das Forum war während der Woche einmal für längere Zeit nicht zu erreichen, was auch in der Messagebox bemängelt wurde.

23.05.05:

Ich war die letzte Woche über krank und deshalb wenig auf der Seite der asia-zone.de, dennoch sind mir ein paar Sachen aufgefallen, die ich hier nur kurz aufzählen möchte.

Meine Diagnose zu den AZ-News scheint so doch nicht zu stimmen, in der letzten Woche sind sieben neue Beiträge von verschiedenen BenutzerInnen hinzugekommen – die AZ-News werden also doch, zumindest zeitweise, genutzt. Neuerdings werden die Beiträge – übrigens insgesamt 55 – auch nach Rubriken mit diversen Unterthemen geordnet (leben, technik, aktuelles, wisopo (vielleicht: „Wissenschaft oder Politik“?) und sonstiges). Interessant, dass es viele Beiträge zu Moralfragen (im weitesten Sinne) gibt.

Auf der Startseite gibt es mit Verweis auf die „aktuelle[] Diskussion in den Deutschen Medien zur Einwanderungsproblematik“ einen Link zu einem Artikel aus dem KONTINENTE-Magazin (Nr. 6 November/Dezember 2004) mit dem Titel Heimat in der Fremde. Keinem auf der Tasche liegen. Integration der Boat People in Deutschland. http://www.asia-zone.de/news/pdf/5.pdf . Beim ersten Überfliegen finde ich den Artikel in vielerlei Hinsicht problematisch, hatte aber noch keine Zeit da systematisch ranzugehen. Das KONTINENTE-Magazin trägt eigentlich den Zusatz „Magazin für eine missionarische Kirche“, was auf den Seiten der asia-zone.de nicht erwähnt wird. Mir scheint auch, dass die Zuständigen der asia-zone.de den Artikel gekürzt haben, ich kann ihn aber nicht im Internet finden, um zu schauen, was da eventuell rausgeschnitten wurde.

Im Forum gibt es einen neuen interessanten Thread zum Thema Kindererziehung (der zweiten Generation in Deutschland) in Familien mit vietnamesischem Hintergrund.

Ansonsten denke ich gerade viel mehr über Probleme der Forschungsethik und über meine Position/Rolle/Blickwinkel als ‘Standard-Deutsche’ Beobachterin/‘Forscherin’ in der asia-zone.de nach. Wie ist das mit der Privatsphäre in der asia-zone.de? Denken die BenutzerInnen vielleicht, dass sie unter ‘Ihresgleichen’ in einem privaten Raum schreiben und agieren? (Ich überlege, wie ich reagieren würde, wenn meine virtuelle Identität – mein Blog – ‘erforscht’ würde. Wo ziehe ich Grenzen? Wann wäre meine Privatsphäre verletzt?) ...

16.05.05:

Heteronormative Abgrenzung gegenüber Nicht-AsiatInnen

Ich habe mich gefragt, wie sich die ‘AsiatInnen’ in der asia-zone.de sehen und abgrenzen. Was macht die kollektive Identität ‘AsiatIn’ aus? Abgesehen davon, dass die meisten BenutzerInnen in die Kategorie der Anderen Deutschen fallen dürften und somit von außen als nicht-deutsch (sondern ‘asiatisch’) eingeordnet und abgegrenzt werden, gibt es vermutlich auch noch  Selbstdefinitionen und Abgrenzungen zu Nicht-AsiatInnen. Die meisten Interessen und Gemeinsamkeiten erscheinen mir erst einmal nicht spezifisch ‘asiatisch’, sondern typisch für Jugend(sub)kulturen in Deutschland – Internetnutzung/Chatten, Hip Hop, Partys/Clubs, ‘Gangster-Style’ bei Männern bzw. ‘Girly-Style’ bei Frauen.

Da ich mich persönlich momentan viel mit Heteronormativität beschäftige, stechen mir Äußerungen zu Sexualität und Geschlecht(erbeziehungen) besonders ins Auge, auch hier in der asia-zone.de.

Heteronormativität ist nichts Ungewöhnliches in Deutschland und anderswo. Gewöhnlich grenzen sich aber Menschen innerhalb der eigenen Gesellschaft ab – auch wenn vielleicht einigen ‘Kulturen’ eher andere Sexualpraktiken zugeschrieben werden(?). In der asia-zone.de läuft die Abgrenzung aber teilweise zwischen AsiatInnen und Nicht-AsiatInnen. AsiatInnen werden hier oft (aber nicht ausschließlich) explizit als nicht-homosexuell dargestellt. Das zeigt sich z.B. im Namen und Untertitel der Rubrik  „Gleiches mit Gleichem – Gibt’s auch anders gepolte unter uns? :-)“, der die Existenz von nicht-heterosexuellen AsiatInnen scherzhaft in Frage stellt. Auch der Thread „Es gibt keine schwulen Koreaner“, dessen Titel wohl eher als Provokation gemeint ist, bekam viele Antworten, die erklären wollen, warum es in Europa mehr „Schwuchteln“ gibt, als in asiatischen Ländern. Unter anderem wird Homosexualität als Problem der Erziehung (also als Problem von Kultur) angesehen, die in Asien als traditioneller und in Europa „lockerer“ eingeschätzt wird.  Im Thread „Asiaparty hier, Asiaparty da! Aber wo bleiben wir?“ steht unter anderem: „Ich glaub es gibt einfach zu wenig schwule Asiaten, versuchs doch mit einer normalen Gay Party“.

Unklar ist mir übrigens die Hierarchie zwischen verschiedenen asiatischen Ländern – einigen Ländern, wie Vietnam, Thailand und den Philippinen wird eher unterstellt, dass es dort viele Homosexuelle und „Tunten“ gäbe – und es wird auch wieder dementiert. Im Thread „SCHWUL?? na und?“ wurden offenbar einige Einträge im Nachhinein bearbeitet/gelöscht, aber an den Antworten lässt sich erkennen, dass es anscheinend darum ging, ob es in Vietnam mehr Schwule gibt, als in anderen Ländern.

Fast jedes Land bekommt in den verschiedenen Diskussionen sein Fett weg... Auch wenn einige betonen, dass es „natürlich genausoviel Schwule in ASIEN ,wie in EUROPA“ gibt, scheint die Idee, dass die sexuelle Orientierung eines Menschen etwas mit der Herkunft und der Kultur des Herkunftslandes zu tun hätte, anklang zu finden. An diesem Punkt nimmt sich also ein Teil der BenutzerInnen der asia-zone.de als anders und verschieden wahr – sowohl in Abgrenzung zu ‘den Europäern’, als auch in Abgrenzung zu Menschen mit anderer asiatischer Herkunft.

Der Einzige Benutzer(?), der diese Rubrik zur Partnersuche nutzt, ist übrigens ein Deutscher („eine Kartoffel“), der gezielt einen schwulen, asiatischen Partner sucht.

Die Spalte AZ-News mit Berichten von BenutzerInnen wird nicht von vielen genutzt, ein grossteil der Berichte wird von einem der asia-zone.de-Gründer geschrieben. Einige scheinen lediglich Artikel zu posten, um ihr Credit-Konto aufzufüllen. Auf der Startseite findet sich seit dem 15.05.2005 ein Bericht, der nahezu eins zu eins von einer Internetseite zur Thematik Gesundheits-Vorsorge kopiert wurde. Ein weiterer Bericht zu „Buddhismus in Deutschland“ ist ebenfalls teilweise von einer anderen Seite kopiert worden.

Ich bin mittlerweile deutlich genervt von Diskussionen über Frauen. In der Rubrik „Liebe und Beziehung“ finden sich etliche aktive Threads, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen thematisieren (um nur zwei zu nennen: „Frauen und Reichtümer.....“, „Warum hat die frau weniger rechte als der mann???“). Die Diskussionen werden oft von den selben Benutzern aufgebracht und/oder dominiert und sind streckenweise sehr sexistisch. Übrigens ein ziemlich gängiger Sexismus – Ansichten, die ich schon oft und aus vielen Mündern gehört habe – und nicht explizit aus ‘asiatischer’ Perspektive. Wäre ich hier privat unterwegs, würde ich schon lange nicht mehr auf die Seite gehen.

09.05.05:

Ist die asia-zone.de eine Heiratsvermittlung?

 Nachdem der Begriff vor zwei Wochen im Seminar gefallen ist, war ich etwas irritiert. Da ich die Seite bis dahin nicht so wahrgenommen hatte, habe ich sie mir in der letzten Woche unter diesem Aspekt angeschaut. Im Forum gibt es zwar verschiedene Rubriken, die auf eine Art PartnerInnenvermittlung hinweisen könnten, sie werden aber alle nicht viel frequentiert. Unter „Generelles“ sind die Rubriken „Herzschmerz“, „Liebe & Beziehung“ sowie „Sex“ zu finden, unter „Singlebörse“: „Er sucht Sie“ (acht threads mit 244 Beiträgen), „Sie sucht Ihn“ (vier threads mit 112 Beiträgen) und „Gleiches mit Gleichem – Gibt’s auch anders gepolte unter uns? :-)“ (sechs threads mit 240 Beiträgen). Abgesehen von „Liebe und Beziehung“ (43 threads mit 2928 Beiträgen) und „Sex“ werden diese Rubriken vergleichsweise wenig genutzt. Andere viel genutzte Rubriken sind: „Alles rund um PCs und Konsolen“ und „Kino, TV und Musik“ – typische Teenager-Themen?

 Unter „Er sucht Sie“ gibt es einen thread vom 12. April 2004 mit dem Titel: „asiatische single seiten / bringen die was oder nicht“. Auch, wenn die asia-zone.de vielleicht nicht in erster Linie die Community zur PartnerInnensuche ist, scheint Bedarf nach solchen Seiten zu bestehen. In den Antworten werden unter anderem die Seiten: http://www.vietsingle.com, www.asia-power.com, www.chopstix.at sowie http://www.tiger-and-dragon.net erwähnt. Einige werden aber nur mit Einschränkung empfohlen, so schreibt X: „wenn du nicht gerade wie ne schwuchtel aussiehst kannst du dich gleich abmelden wieder siehe www.asia-power.com oder www.chopstix.at“. Ich vermute, dass sich X darauf bezieht, dass bei beiden Seiten ein Foto (kein Avatar – virtueller Stellvertreter) hochgeladen werden muss, welches seiner Meinung nach, einem bestimmten Schönheitsideal entsprechen soll (das er „schwuchtel“ nennt). Bei Asia-Power.com wird eine/r erst dann von den Administratoren freigeschaltet, wenn das Foto bestimmten Anforderungen entspricht, wohingegen bei Chopstix.at das Foto automatisch an einer „Hot or Not“-Umfrage teilnimmt.

Asia-power.com, eine Seite aus Österreich, lässt außerdem nur BenutzerInnen im Alter zwischen 14 und 40 Jahren zu und begrenzt die Sprachen auf Englisch und Deutsch. Chopstix.at beschreibt sich selbst als: „[E]ine asiatische Webcommunity mit asiatischen Inhalten“, wobei die Partnervermittlung besonders wichtig zu sein scheint. Zu den Modalitäten der „Hot or Not“-Umfrage schreiben sie: „Jungs können nur Mädels voten und Mädels können nur Jungs voten! Jungs können also nicht mehr ihren besten Kumpel voten und Mädels können nicht mehr ihre beste Freundin voten.“ (Alles sehr heteronormativ, aber dazu bei anderer Gelegenheit mehr.)

 Die Seite von Tiger & Dragon Events ist die einzige, die explizit auch als „Flirtcommunity“ auftritt (unter > Members). Vietsingle.com sieht nach einer professionellen PartnerInnen- vermittlung für VietnamesInnen und Menschen vietnamesischer Abstammung aus. Da ein grossteil der seiteninternen Links nicht funktioniert, konnte ich leider nicht viel mehr über die Seite herausfinden.

 Außerdem habe ich erstmals Pop-ups – und damit Werbung – zugelassen. Die Werbung scheint zum Teil mit den Inhalten des „Events“-Fensters übereinzustimmen. Die oben bereits erwähnte Seite „Tiger and Dragon Events“ wirbt auf der asia-zone.de für eine „Asiaparty“ in Aschaffenburg. Der Slogan lautet: „Die asiatische Flirtcommunity wartet auf euch. Hier finden Asiaten ihr Gegenstück...“.

Ich habe während der letzen Woche auch mehrmals versucht, mir den Chat der asia-zone.de anzuschauen, musste das aber, wegen technischer Probleme, aufgeben. Auch den Gedanken, die privaten Gästebücher der BenutzerInnen näher zu beobachten, habe ich erst einmal verworfen. Die Einträge verweisen nicht direkt aufeinander und es ist nahezu unmöglich eine Art Gespräch auszumachen oder Bezüge herzustellen. Dafür wäre es notwendig, zwischen den verschiedenen Gästebüchern hin und her zu springen, und die entsprechenden Beiträge und Bezüge zu suchen.

Als nächstes werde ich mir wohl noch einmal die Profile genauer anschauen und da besonders die Selbstdarstellung der Frauen anhand ihrer Profilbilder, die ich sehr auffällig finde. Ein weiteres Thema, das mich interessiert, ist die konsequente Selbstdarstellung ‘der Asiaten’ als nicht-homosexuell.

Name einer Rubrik: „Gleiches mit Gleichem – Gibt’s auch anders gepolte unter uns? :-)“.

Zitat aus einem thread im Forum: „Ich glaub es gibt einfach zu wenig schwule Asiaten, versuchs doch mit einer normalen Gay Party“.

02.05.05:

Nach Paul Mecheril (1997: 177) sind Andere Deutsche als „Menschen, die wesentliche Teile ihrer Sozialisation in Deutschland absolviert haben und die Erfahrung gemacht haben und machen, aufgrund sozialer oder physiognomischer Merkmale nicht dem fiktiven Idealtyp des oder der „Standard-Deutschen“ zu entsprechen, weil ihre Eltern oder nur ein Elternteil oder ihre Vorfahren als aus einem anderem Kulturkreis stammend betrachtet werden“ definiert.

Ist die asia-zone.de eine Internet-Community an der Andere Deutsche teilhaben?

Die Antwort ist ja.

Woraus lässt sich nun erkennen, dass viele asia-zone.de-BenutzerInnen „wesentliche Teile ihrer Sozialisation in Deutschland absolviert haben“? Zum einen an der Sprache und zum anderen machen viele Profile Angaben zu Wohnort Nationalität und Herkunft, die sich trotz der Ungenauigkeiten deuten lassen (siehe auch Bericht vom 25.04.05).

Die ‘offizielle’ bzw. absolut vorrangige Sprache auf der asia-zone.de ist Deutsch. Auch wenn gelegentlich in anderen Sprachen geschrieben wird – meist auf Vietnamesisch – zeigt sich, dass die meisten BenutzerInnen (auch) perfekt Deutsch können und es lässt sich vermuten, dass sie innerhalb Deutschlands mit der deutschen Sprache sozialisiert wurden.

Die Angaben in den Profilen deuten darauf hin, dass fast alle BenutzerInnen in Deutschland, oder im deutschsprachigen Raum, wohnen. Viele geben auch deutsch o.ä. als Nationalität oder Herkunft an. (Wie im letzten Bericht beschrieben, scheint der Umgang mit diesen Begriffen unsicher zu sein.)

Dass viele BenutzerInnen aufgrund „physiognomischer Merkmale nicht dem fiktiven Idealtyp des oder der Standard-Deutschen“ entsprechen, lässt sich schnell anhand der Profilbilder erkennen. Auch wenn der Idealtyp des Asiaten/der Asiatin so fiktiv ist, wie der Idealtyp des/der Standard-Deutschen, lässt sich sagen, dass ‘Schlitzaugen’, eine dunkle Hautfarbe und schwarze, glatte Haare für gewöhnlich als nicht-deutsch wahrgenommen werden. Es lässt sich auch vermuten, dass die meisten BenutzerInnen der asia-zone.de die Erfahrung gemacht haben und machen, aufgrund ihres Aussehens als Nachfahren von Immigranten aus einem anderen Kulturkreis – nämlich dem vermeintlich ‘asiatischen Kulturkreis’ – angesehen werden.

Wie viele BenutzerInnen tatsächlich Andere Deutsche sind, kann ich leider nicht sagen. Offensichtlich wird die Seite auch von Menschen genutzt, die nicht in diese Kategorie fallen, nämlich einerseits von Menschen, die sich für ‘asiatische Kultur’ – Kampfsport, Anime/Manga, Sprachen etc. – interessieren und andererseits auch von Immigranten Erster Generation, die nicht wesentliche Teile ihrer Sozialisation in Deutschland absolviert haben.

An dieser Stelle möchte ich noch kurz festhalten, dass es mir schwer gefallen ist, diesen Bericht zu schreiben. Das hat größtenteils damit zu tun, dass ich mit meiner Begriffswahl nicht zufrieden bzw. unsicher bin. Ich hatte das Gefühl, dass ich bei dem Versuch die BenutzerInnen der asia-zone.de als Andere Deutsche einzuordnen, auf Stereotypen physiognomischer Merkmale von AsiatInnen in Abgrenzung zu ebensolchen Stereotypen von Standard-Deutschen zurückgreifen musste: ‘Schlitzaugen’ hätte ich sicherlich auch weniger plakativ umschreiben können, aber das wäre aufs Gleiche herausgekommen, oder? Dieses Nachvollziehen von Kategorisierungen ist mir unangenehm.

Ansonsten hatte ich während der letzen Woche leider wenig Zeit für Besuche der asia-zone.de und habe bei meinen kurzen Aufenthalten nichts gefunden, was mein Interesse geweckt hat.

25.04.05:

Nachdem ich die asia-zone diese Woche einige Male besucht habe, und niemanden in den Foren angetroffen habe – ich habe noch nicht herausgefunden, wann sich die Leute bevorzugt dort aufhalten –, habe ich mich gestern angemeldet, um mir die Profile der Mitglieder ansehen zu können.

In der Anmelde-Maske sind mir einige Dinge aufgefallen bzw. aufgestoßen. Unter anderem muss für das Profilinfo das Geschlecht angegeben werden – ‘Männlich’ oder ‘Weiblein’ (sic!) stehen zur Auswahl. Die Diminutiva ‘Männlein’ und ‘Weiblein’ zusammen und mit einem Augenzwinkern zu benutzen, finde ich persönlich ganz nett; Im Gegensatz dazu finde es haarsträubend, ausschließlich die Frauen mit dem verkleinernden ‘Weiblein’ zu konfrontieren. Vielleicht wäre es interessant auch zu beobachten, wie die Menschen männlichen Geschlechts mit den ‘Weiblein’ in der asia-zone umgehen – und umgekehrt.

Die anderen ungewöhnlichen Informationen im Profilinfo sind die freiwilligen Angaben zu Nationalität, Herkunft und Sprachen – das ist, meiner Erfahrung nach, in anderen Internet-communities (z.B. in Blog-communities) nicht üblich. An den ersten beiden Kategorien lassen sich vielleicht ganz gut erste Beobachtungen und Vermutungen zur Identität (Identitätswahrnehmung, Identitätskonstruktion) der Mitglieder machen.

Von dieser Annahme ausgehend, habe ich mich als nächstes wahllos durch die alphabetisch geordneten Profilüberblicksseiten geklickt. Tatsächlich waren hier aus allen Profilangaben neben dem Nick, dem Wohnort und dem Profilbild auch noch die Nationalität und die Herkunft aufgelistet. Der Unterschied zwischen Nationalität (Staatsbürgerschaft) und Herkunft (Herkunftsort der Familie?) scheint nicht ganz klar zu sein und die Begriffe werden unsicher und offensichtlich häufig synonym gebraucht. Vielleicht zeigen sich hier auch sprachliche Probleme von Leuten deren Muttersprache nicht Deutsch ist, oder aber der Unterschied wird bewusst und spielerisch ignoriert?

Beim Überfliegen der Profile hatte ich den Eindruck, dass die meisten Mitglieder in einer oder beiden Kategorien Vietnam angegeben haben, also Deutsche mit vietnamesischer Herkunft oder VietnamesInnen sind. Andere häufige Nationalitäten und/oder Herkunftsorte sind: China, Thailand und Hongkong, aber auch Deutschland und andere asiatische und nicht-asiatische Länder.

Unter Nationalität und Herkunft stand zudem sehr oft Wörter und Sätze wie: ‘viet-pride’, ‘100% vietpride’, ‘Vietsproduct’, ‘Made in Vietnam’ bzw. ‘Made in Thailand’, ‘100% Original’ und unter Nationalität: ‘Deutsch auf dem Papier’. Auffällig ist auch, dass viele ihre Herkunft in Prozentangaben darstellen – ein Phänomen, das ich aus dem Einwanderungsland USA kenne – oft steht unter Herkunft: 50%deutsch 50%vietnam u.ä., eine Frau beschreibt sich selbst als: „20%viet, 10%russki, 20%thai, 50%ober krass türkin“.

Anhand der Profile lassen sich wahrscheinlich noch interessante, und vor allem genauere, Beobachtungen machen. Wenn aber im Forum weiterhin so wenig passiert, weiß ich nicht, womit ich mich hier beschäftigen soll.

Ich habe den Eindruck, dass der Chat vielleicht das wichtigste Medium der Community ist. Die Statistiken sind zumindest erschreckend genau und verzeichnen hohe Teilnehmerzahlen. (Die Statistiken sind so genau, dass ich den Eindruck habe, eine/r kann nichts im Chat sagen, ohne, dass es im Nachhinein ausgewertet und erneut veröffentlicht wird.) Ich persönlich mag es nicht mit fremden Leuten zu chatten, und wenn ich mir die Messagebox auf der Startseite anschaue, die nach dem Chatprinzip funktioniert, vergeht mir die Lust, mir auch den Chat anzuschauen.

18.04.05:

Die Seite asia-zone.de (http://www.asia-zone.de) ist eine deutschsprachige Internet-Community für jugendliche ‘Asiaten’, wobei sich die Bezeichnung ‘Asiaten’ vermutlich auf Jugendliche ost-asiatischer Herkunft bezieht, genau ist die Zielgruppe aber nicht definiert. Die Mitgliedschaft in der asia-zone.de funktioniert über ein Credit-System. Am Anfang eines Monats bekommen Mitglieder ein bestimmtes Kontingent an Credits, die dann für Gästebucheinträge und andere Angebote ausgegeben werden können.

Auf der Startseite finden sich neben Veranstaltungsankündigungen und dem “Fernsehprogramm für Asiaten” auch Nachrichtenbeiträge die von den Mitgliedern selbst geschrieben werden. Diese Berichte können zu verschiedenen Themen verfasst werden – und das in „allen Sprachen“ – und werden mit zusätzlichen Credits belohnt.

Des weiteren gibt es einen Chat und ein rege frequentiertes Forum zu verschiedensten Themen.

Einige Bereiche, wie die Messagebox und die Profile der Mitglieder, sind nur für Mitglieder der asia-zone.de (laut Statistik sind es knapp 11300) einsehbar.

Für die Internet-Community ‘asia-zone.de’ habe ich mich erst nach längerem Suchen entschieden. Da ich selbst längere Zeit in Argentinien und Mexiko gelebt habe, hatte ich anfänglich gezielt nach Seiten für Menschen mit lateinamerikanischem Hintergrund gesucht. Leider bin ich aber nur auf Informationsseiten für Immigranten – also Erste Generation – gestoßen. Meine nächste Suche galt den ‘Nikkei’ bzw. ‘Nisei’ – den Kindern japanischer Einwanderer. Gerade die Tatsache, dass es im Japanischen ein eigenes Wort gibt, mit dem sich die Zweite Generation auch tatsächlich benennt, erschien mir sehr spannend.

Internetseiten für und von ‘Nikkei’ – z.B. die der Asociación panamericana Nikkei unter http://espanol.apn.cl - habe ich aber lediglich für Lateinamerikanische Länder und die USA gefunden, wo die Zahl der japanischen Einwanderer höher ist, als in Europa. Zwei Punkte erscheinen mir auf diesen Seiten problematisch: In erster Linie habe ich mehr Interesse an Anderen Deutschen, als an Anderen Argentiniern oder anderen US-Amerikanern. Mich interessiert, wie Menschen mit einer nicht-deutschen Herkunft in meiner unmittelbaren Umgebung leben und denken. Das zweite Problem an jenen Seiten ist, dass sie, dem Anschein nach, nicht besonders viel zur Interaktion genutzt werden. So sind die Themen im Forum zum Beispiel oftmals älteren Datums und wurden von relativ wenigen Teilnehmern diskutiert.

Letztlich bin ich dann auf die Seite ‘asia-zone.de’ gestoßen, die zumindest diese beiden Kriterien erfüllt. Sie ist für deutschsprachige Jugendliche gemacht und bezieht sich, was Veranstaltungstipps und Fernsehtipps angeht auf Deutschland. Besonders viele Mitglieder kommen offenbar aus Berlin, wo auch ich wohne. Hier könnte sich die Möglichkeit eröffnen auch einmal einen Raum außerhalb des Internets kennen zu lernen Außerdem hat diese Community – zumindest laut Statistik – sehr viele Mitglieder, die die Seite auch nutzen. Bei jedem meiner bisherigen Besuche waren jeweils rund 150 Mitglieder online.

 

 
 
© Urmila Goel, www.urmila.de 2005