Seminar der Abteilung Studienförderung der Friedrich-Ebert-Stiftung
Seminarleitung: Dr. Urmila Goel
Als bei der Einführung das Seminarkonzept vorgestellt wird, kommt es zu einigen Irritationen bei den TeilnehmerInnen. Die StipendiatInnen der Friedrich-Ebert-Stiftung sind es gewohnt, sich Themen theoretisch zu erarbeiten und hatten dies auch von diesem Seminar erwartet. Nun sollen sie sich aber erst einmal zwei Tage lang mit sich selbst und ihren Einstellungen zu Vielfalt auseinandersetzen. Erst danach werden sie auf Vertreter von Politik und Verwaltung treffen, um mit ihnen „Fakten“ zu diskutieren. Trotz der Verwunderung lassen sich die TeilnehmerInnen auf den ungewöhnlichen Ansatz ein und loben am Seminarende genau diesen.
Die Vorstellungsrunde war gleichzeitig auch die Einführung in das Thema. Jede der TeilnehmerInnen stellt sich anhand eines Bildes vor. Danach diskutieren sie gemeinsam welche Identitäten sich dabei gezeigt haben.
Den zweiten und dritten Tag gestaltet die interkulturelle Trainerin Nurdan Kütük-Chung gemeinsam mit der Seminarleiterin. Sie beginnt damit, dass sich die TeilnehmerInnen über ihre eigenen Fremdheitserfahrungen austauschen und dabei entdecken, dass die damit verbundenen Gefühle jeweils ihr Verhalten bestimmt haben. Nach dieser Sensibilisierung zu Fremdheit werden die verschiedenen Gruppen von Fremden in Deutschland mit Zahlen und Fakten dargestellt. In der zweiten Einheit „Migrationsgeschichte(n)“ wird erst am Beispiel Berlins die Normalität von Migration über die Jahrtausende hinweg gezeigt und dann mit dem Video „Der rote Teppich“ die Umstände der Anwerbung aus der Türkei thematisiert. Dabei stehen die Gastarbeiter und ihre Erfahrungen im Mittelpunkt. Die folgende Diskussion konzentriert sich schnell auf die Situation der zweiten und dritten Generation und dabei insbesondere auf die Frage von Bildung. Am nächsten Tag setzen sich die Teilnehmerinnen mit den Fragen von Kultur, kultureller Prägung, Sozialisation und kultureller Vielfalt auf der Basis ihres eigenen Erlebens auseinander. In der letzten Einheit wird dann hinterfragt, was deutsch eigentlich ist. Zuerst füllen alle TeilnehmerInnen einen Fragebogen hierzu aus und diskutieren dann kontrovers die Frage von Nationalismus, Patriotismus und nationalen Zuschreibungen. Danach wird das gewonnene Bild vom Deutschen durch einen Film über Afro-Deutsche, die nicht in die Definitionen passen, gebrochen.
Wesentlich an diesen beiden Tagen sind die Diskussionen zwischen den TeilnehmerInnen. Unter ihnen sind normale deutsche Studierende sowie ausländische und einige mit eingewanderten Eltern. Sie bringen alle unterschiedliche Erfahrungen mit Fremdheit, Migration, Nationalismus und Rassismus mit. Für viele ist es das erste mal, dass sie sich in einer so vielfältigen Gruppe mit dem Thema auseinandersetzen. Die Konfrontation zwischen West- und Ostdeutschen zeigt dann, dass auch in dieser Gruppe der Umgang und die Akzeptanz von Vielfalt noch gelernt werden muss.
Durch diese Diskussionen ins Thema eingeführt und für seine Tiefe sensibilisiert führen die TeilnehmerInnen dann am vierten Tag Diskussionen mit Vertretern aus Politik und Verwaltung. Der Büroleiter der Bundesausländerbeauftragten Bernd Geiß gibt einen Einblick in die „Vielfalt in Deutschland – Politischer Handlungsbedarf“ und diskutiert die neuen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung. Hier setzt dann der Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums Georgios Tsapanos an und gibt einige (ungewöhnliche) Einblicke in „Die Zuwanderungspolitik der Bundesregierung“. Der Büroleiter des SPD-Bundesgeschäftsführers Dr. Lutz Meyer führt die StipendiatInnen dann in die Realitäten des Wahlkampfes und die Rolle die Zuwanderungspolitik hierbei spielen kann ein. In der Diskussion kommt es zu einer Konfrontation zwischen seinem realpolitischen Ansatz und den idealistischen Vorstellungen der TeilnehmerInnen.
Am letzten Tag werden diese Gespräche ausgewertet und dann ein Feedback zum gesamten Seminar gegeben. Gefallen hat den TeilnehmerInnen vor allem die offene Gesprächs- und Arbeitsatmosphäre sowie die Diskussionen. Sie lobten die gute Arbeit in der Gruppe sowie die Methodenvielfalt. Sie nahmen Denkanstöße für die Zukunft mit und waren sehr froh das Thema nicht nur auf intellektueller Ebene bearbeitet zu haben. Für verbesserungsfähig hielten sie die Zeitplanung, sie wünschten sich dabei insbesondere größere Flexibilität, um noch besser auf die Gruppendynamik eingehen zu können.