Veröffentlichungen von Urmila Goel

Von dummen Fragen - Schlussbetrachtungen

erschienen in: Christiane Brosius und Urmila Goel (2006, Hrsg.), masala.de - Menschen aus Südasien in Deutschland, Heidelberg: Draupadi-Verlag, 218-225.

„Man sagt ja, dass es keine blöden Fragen gibt. Aber manchmal bezweifle ich es. Manche Fragen sind einfach zu dumm.“, sagt eine der von Choi und Illing porträtierten Frauen. Die Fragen, die auf Dauer dumm sind, sind jene nach der unterstellten Herkunft, nach Indien und „Indischsein“ . Battaglia (1995) nennt diese Fragen Herkunftsdialoge und stellt dar, wie sie die Befragten anders machen, sie auf das „Fremde“ festlegen, aus dem gemeinsamen „Wir“ ausschließen. Dieser Prozess des Otherings, des Andersmachens findet aber nicht nur in der Alltagskommunikation statt. Badawia et al. (2003) diskutieren, wie die qualitative Migrationsforschung – also Projekte wie das unsere – durch ihre Interviews das „Fremde“ bei der Interviewten konstruiert, wie sie am Othering teil hat, es befördert. In diesem Band reflektieren Bublatzky und Funk detailliert, wie ihre Forschungsperspektive, ihre Vorannahmen und ihre Fragen ihnen den Weg zum Interviewten versperren, wie sie kämpfen und nicht weiterkommen. Erst als sie ihrem Protagonisten Herrn Thomas bewusster folgen, seine Themen aufnehmen, über ihre Annahmen reflektieren, kommen sie zu neuen Erkenntnissen, müssen sie nicht mehr kämpfen. Auch in meiner Feldforschung kam es immer wieder zu unterschiedlicher Besetzung von Begriffen, zu Missverständnissen zwischen Forscherin und Interviewter. In der Reflektion meiner ersten Interviews fällt mir jetzt auf, wie stark ich noch essentialisierende Fragen stellte, wie sehr ich die Befragten auf Begriffe wie „deutsch“ oder „indisch“ festlegen wollte, und wie wenig die Interviewten die Möglichkeit hatten, sich diesem Diskurs zu entziehen, wie sie mit den Begriffen rangen (vgl. Brah 1996, 1-10). Wir alle gehen mit einer spezifischen Perspektive, mit spezifischen Fragen, Konzepten und Begriffen an unsere Umwelt, in unser Forschungsfeld. Geprägt sind wir dabei zum einen durch wissenschaftliche Diskurse – insbesondere durch jene, denen wir anhängen – zum anderen durch öffentliche Diskurse und auch durch unsere Biographie. Unsere Perspektive deckt sich mal mehr und mal weniger mit jener unseres Feldes. Je näher sie der letzteren ist, desto einfacher ist es, sie durchzuhalten. In jedem Fall aber präsentieren wir am Ende unsere Ergebnisse gefiltert durch unsere Brille, mit unseren Begriffen, in unseren Worten.

Choi und Illing präsentieren Aussagen der porträtierten Frauen zu Othering, Zugehörigkeit, Heimat, zu dem „nicht eindeutig irgendwo hingehören und sich damit auseinander setzen müssen“. Diese Themen ziehen sich durch alle Interviewauszüge, wenn auch die vier Frauen sehr unterschiedliche Zugänge und Strategien haben. Eine ähnliche Vielfalt zieht sich durch die Artikel dieses Bandes. Sie unterscheiden sich nicht nur durch das betrachtete Feld sondern auch durch Methoden, Forschungsfragen und Konzepte. Genau dieses Vielfältige, dieses Unterschiedliche, das zusammen etwas Neues ergibt, die Multi-Perspektivität des Kaleidoskops (wie sie Brosius in der Einleitung beschreibt) wollten wir durch den Buchtitel masala.de aufgreifen. Wir drehen das Kaleidoskop immer wieder neu und bieten eine Vielzahl von verschiedenen Eindrücken aus Deutschland, die alle mehr oder weniger einen Bezug zu Südasien haben. Lange haben wir mit dem Arbeitstitel Heimat², der die Idee der doppelten Heimat aufgreifen sollte, gearbeitet. Aber so richtig glücklich waren wir damit nicht. Auch wenn Heimat eines der zentralen Themen der meisten Artikel ist, war der Begriff zu eng, beschränkte sich zu sehr auf ein Konzept, war keine ausreichende Klammer für die unterschiedlichen Artikel.

Ausgangspunkt dieses Bandes waren Überlegungen zu den Begriffen Integration und Diaspora. Der erste Begriff dominiert die öffentliche Debatte um Migration und damit auch die wissenschaftliche. Der zweite Begriff prägt zur Zeit wissenschaftliche Diskurse über ethnische Gemeinschaften. In ihm steckt der Bezug zu einem Herkunftsland, der Mythos der Rückkehr und die Verbindung zu anderen in der Diaspora. Es geht hierbei um ein Kollektiv, das durch seine „gemeinsame“ Herkunft zusammen gehört (vgl. Brubaker 2005). In diesem Sinne taucht er auch in der öffentlichen Debatte wieder auf, denn hier wird auch von den „Muslimen“, den „Indern“, den „Tamilen“ gesprochen, die eine Gemeinschaft bilden und von woanders kommen. Dabei werden allerdings nicht nur die weibliche Form sondern auch die Anführungsstriche weggelassen, denn es steht nicht in Frage, dass die Begriffe stimmen, dass diese Zuordnungen eindeutig gemacht werden können. Dass die „Anderen“ anders sind, ist auch die Grundlage für den Begriff der Integration. Denn wären sie wie die anderen, dann müssten sie nicht integriert werden (vgl. Arndt 2001, 51). Beiden Begriffen liegt also eine Unterscheidung in „Wir“ und die „Anderen“ zugrunde, wobei es sich bei beiden um Kollektive und nicht um Individuen handelt.

Die ethnographischen Studien in diesem Band zeigen aber, dass es mit den Kollektiven nicht so einfach ist. masala.de heißt nicht nur, dass wir uns mit „InderInnen“, „Pakistanis“ und „TamilInnen“ in Deutschland beschäftigen. Es geht nicht nur um die erste und die zweite Generation der MigrantInnen. Es ist nicht nur zu unterscheiden zwischen Hindus, Sikhs, MuslimInnen und ChristInnen. Es geht nicht nur um die unterschiedliche Situation von Flüchtlingen im Vergleich zu IT-ExpertInnen. Das deutsche masala ist noch viel vielfältiger, das Kaleidoskop lässt sich immer wieder neu drehen. Es geht nicht nur um Gruppenzugehörigkeiten, es geht um Individuen. Am eindrucksvollsten zeigen dies Bublatzky und Funk mit ihrem Protagonisten Herr Thomas, der sich nicht in eine „tamilische“ Diaspora einfügen lassen will, der sich selber als Kosmopolit versteht. Aber natürlich gibt es auch die Kollektive, Menschen aus Südasien finden sich auch in Deutschland in Gruppen zusammen, verstehen sich als Teil einer Diaspora, schaffen sich Institutionen und verlangen Rechte für sich, wie unter anderem Amend und Yetgin sowie Nijhawan zeigen. Alex geht in ihrer Studie von einer „tamilischen“ Gemeinschaft aus, die ein eigenes Wertesystem und auch eigene Vorstellungen von Integration hat. Sie konfrontiert damit die gängigen Diskurse zu Parallelgesellschaften. Letztere sind in vielen der Artikel präsent, explizit oder implizit. Ihre Anrufung wirkt als Bedrohung, dient als Bild der fehlenden Integration, ist etwas, worauf die Menschen aus Südasien beziehungsweise ihre Kinder reagieren müssen. So argumentiert der Priester Herr Thulashi-Aiya in Amend und Yetgin, dass der Tempel die Integration nicht behindere, sondern im Gegenteil die Bewahrung von Kultur und Religion sie sogar fördere, da sie die Menschen stabilisiere. Herr Thomas in Bublatzky und Funks Studie ist der Gegenpol hierzu. Er distanziert sich von „Traditionen“, sieht sich als Individuum. Wobei die Autorinnen bei ihm vermuten, dass er sich aus einem internalisiertem Orientalismus heraus distanziert, dass er sich abwendet von den „Traditionen“, weil er diese wie die „deutsche“ Mehrheitsgesellschaft als minderwertig betrachtet. Sie sehen aber auch die Widersprüche in seinen Selbstdefinitionen. So sieht er sich auf der einen Seite – wie die von Oberkircher befragten IT-Experten – als Kosmopolit, auf der anderen Seite präsentiert er sich als patriarchales Familienoberhaupt, das kulturelle Werte bewahren will. Auch Brosius zeigt, dass die so genannten Parallelgesellschaften nicht parallel sind, dass es Berührungspunkte zwischen ihnen gibt. So navigieren gerade Mitglieder der zweiten Generation häufig sicher zwischen den beiden Gesellschaften, kennen beide Codes und sind damit wohl in beiden integriert.

In den Artikeln sind die Bewahrung von kulturellen Werten, die Sehnsucht nach und das Schaffen von Heimat wiederkehrende Themen. Bei Amend und Yetgin dient der Tempel der Wahrung der Werte und reproduziert „Heimat“. Ähnliches gilt für die Gurdwaras bei Nijhawan. Auch bei den Ordensschwestern, die Fischer und Lakhotia befragen, schafft Religion eine „Heimat“. Bei ihnen ist diese aber stärker losgelöst von Südasien, die ethnische Herkunft ist sekundär zur religiösen Verortung und Einbindung in die Ordensstrukturen. So mögen sie als die wahren Kosmopolitinnen, die mühelos zwischen verschiedenen Orten wechseln können, gelten. Wie Oberkirchers IT-Experten aber, haben auch die Ordensschwestern Sehnsucht nach ihrer geographischen „Heimat“. Dieser begegnen sie wie die Computerspezialisten zum Beispiel mit „indischem“ Essen, aber auch mit „indischer“ Musik. Im weltlichen Kontext spielen, wie sowohl Oberkircher als auch Brosius zeigen, die Filme aus Bollywood eine wichtige Rolle. Brosius bezeichnet daher Bollywood auch als einen imaginären „Behälter“ für Kultur, der bei den südasiatischen InformantInnen Ideen von „Heimat“ erzeugt. Sie zeigt zudem, dass dies unabhängig von religiöser und nationaler Zugehörigkeit geschieht. So nutzen auch „pakistanische Ahmadis“ die „indischen“ Filme, auch wenn diese reichlich ausgestattet sind mit „hinduistischen“ Symbolen, um die Distanz zur „Heimat“ zu überwinden.

In meiner Feldforschung schließlich ist es die Staatsbürgerschaft, oder noch greifbarer der Pass, der zum Behälter von Heimat wird. Er ist, wie auch der Turban bei Nijhawan, ein Symbol der Zugehörigkeit zu Südasien. Beim Pass wird besonders deutlich, dass es nicht das Ding an sich ist, das Bedeutung hat. Der Pass kann nicht Heimat sein, er kann auch keine Werte bewahren oder vermitteln, aber er ist ein Symbol für die Zugehörigkeit. Genauer genommen ist der indische Pass ein Symbol für die fehlende Zugehörigkeit zu Deutschland. Der deutsche Pass kann für die Menschen mit südasiatischem Bezug nie den gleichen Symbolwert erreichen. Egal ob mit oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft machen die Befragten in Deutschland immer wieder Ausgrenzungserfahrungen, sie bleiben die „Anderen“, verharren in einer Position der Marginalisierung. In meinen Interviews werden die gleichen Prozesse des Otherings thematisiert wie bei Choi und Illing. Marginalisierung und das Prekäre der marginalen Orte ist auch bei Nijhawan zentrales Thema. Daher setzt er seinen Schwerpunkt auf die Analyse von Anerkennungsprozessen und noch wichtiger, auf die Verweigerung von Anerkennung.

Der Prozess des Othering – gerade auch durch staatliches Handeln wie bei der restriktiven Vergabe der Staatsbürgerschaft, in der Kopftuchdebatte oder bei der Verfolgung von illegalisierter Migration - wirkt desintegrierend. Menschen, die permanent erfahren, als anders angesehen zu werden, die keine Chance haben, ungefragt dazugehören, stellt sich nicht die Frage nach Integration. Man kann mit Choi und Illing argumentieren, dass sich diese Frage nicht stellt, weil sie sowieso schon integriert sind. Sie gehören zu dieser Gesellschaft, leben in ihr, organisieren ihre Leben hier. Es werden ihnen hier aber auch Möglichkeiten vorenthalten, sie erfahren Diskriminierungen, sie erhalten Beziehungen zu ihrem Herkunftsland aufrecht – sind also im Sinne der aktuellen öffentlichen Debatte nicht integriert. Alex argumentiert, dass die herkömmlichen Integrationskonzepte bei der Betrachtung der „TamilInnen“ in Deutschland nicht greifen, weil sie andere Integrationskonzepte haben, weil ihnen andere Dinge wichtig sind. Sie beschreibt, dass ihre InterviewpartnerInnen jene als integriert ansehen, die in den Arbeitsmarkt eingebunden sind, die in stabilen Familienverhältnissen leben und nicht negativ auffallen. Dieses Verständnis von Integration kann auch als eine Strategie des Unsichtbarmachens interpretiert werden. Um das Othering zu reduzieren, um das Anderssein zu verbergen, versuchen die Menschen aus Südasien nicht aufzufallen, keinen Grund zur Ausgrenzung zu bieten. Dies lässt sich auch bei Bublatzky und Funk sehen. Herr Thomas versucht alles, damit seine Familie nicht negativ auffällt. Die Frauen, die von Choi und Illing porträtiert werden, diskutieren den Druck, Normen entsprechen zu sollen, ihnen aber nicht zu entsprechen, und versuchen eigene Strategien im Umgang damit zu entwickeln.

Für die Ordensschwestern bei Fischer und Lakhotia sowie die IT-Experten in Oberkirchers Studie stellt sich die Frage des Unsichtbarmachens nicht in dieser Art. Zum einen sind beide so sichtbar, dass ein Verbergen kaum möglich ist. Zum anderen sind sie in transnationalen Netzwerken verankert, sind nicht auf eine Zukunft in Deutschland orientiert und müssen daher nicht in gleichem Maße wie die anderen um Zugehörigkeit kämpfen. Manche gehen auch bewusst die entgegengesetzte Strategie, sie erhöhen ihre Sichtbarkeit durch die Etablierung von Institutionen wie Tempeln oder Gurdwaras. Sie treten aus dem unsichtbaren Marginalen und fordern Rechte ein, machen sich dabei aber auch gleichzeitig angreifbar.

Die Mitglieder der zweiten Generation, wie bei Choi und Illing sowie in meiner Studie dokumentiert, fordern auch ihre Rechte, aber in einer anderen Weise. Sie sind weniger auf das Herkunftsland der Eltern bezogen, ihnen geht es weniger um ein Bewahren von „Traditionen“, sie wollen anerkannt werden so wie sie sind. Das von Brosius beschriebene Navigieren zwischen den Welten zeigt, dass sie sich nicht eindeutig zuordnen lassen. Sie sind weder „InderInnen“ noch „Deutsche“. Die dichotomen nationalen Zugehörigkeiten passen nicht auf sie. Mecheril (1997) entwickelt zum Begreifen und Analysieren dieser hybriden Identitäten, die verschiedenes nicht zusammengehörendes zusammen führen, das Konzept der Anderen Deutschen. Die herkömmliche Unterscheidung in „Wir“ und die „Anderen“, in „Deutsche“ und „SüdasiatInnen“ greift insbesondere bei ihnen nicht mehr. Die Anderen Deutschen sind sowohl „Wir“ wie die „Anderen“. Gleichzeitig sind sie weder „Wir“ noch die „Anderen“. Sie als „InderInnen“, „Pakistanis“ oder „TamilInnen“ zu bezeichnen, verkennt ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland. „Deutsche“ aber sind sie auch nicht fraglos. Ihre natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit ist prekär (vgl. Mecheril 2003).

Ethnographische Studien über Menschen aus Südasien in Deutschland können zum einen auf die Herkunft fokussieren, analysieren wie kulturelle Werte und „Traditionen“ weiter gepflegt werden und sich damit auseinandersetzen wie „SüdasiatInnen“ in Deutschland leben. Sie können aber auch das Kaleidoskop weiter drehen, einen Perspektivwechsel vornehmen, sie können ihren Schwerpunkt darauf legen, was Anderssein in Deutschland bedeutet, welche Möglichkeiten der Zugehörigkeit es gibt, wo Anerkennung verweigert wird und wie es ist, als „Andere“ in Deutschland zu leben. In diesem Band haben wir beide Perspektiven in ihrer jeweiligen Vielfalt zusammengeführt. Es wird sowohl der klassische ethnographische Weg der Auseinandersetzung mit dem „Fremden“ genommen als auch die Auseinandersetzung mit dem „Eigenen“. Es gibt AutorInnen, die selber einen biographischen Bezug zu Südasien haben, sowie solche die allein durch wissenschaftliches Interesse zum Thema gekommen sind.

Es gibt keinen richtigen und keinen falschen Blickwinkel. Das Kaleidoskop ergibt immer wieder neue Einsichten, eine so real wie die andere. Es gibt nicht zu viel Nähe oder zu viel Distanz. Aber es gibt sehr wohl unterschiedliche Wirkungen durch die unterschiedlichen Ansätzen, die unterschiedlichen Blicke durch das Kaleidoskop. Wissenschaft ist immer auch politisch. Unsere Forschungsfragen, Theorieansätze, Methoden sind geprägt durch (gesellschafts-) politische Überzeugungen und Kontexte. Die Fragen, die wir stellen, sind relevant, genauso wie die Fragen, die wir nicht stellen. So haben in diesem Band, zum Beispiel, nur Choi und Illing wirklich die Frage nach Gender gestellt. Ein in den anderen Artikeln vernachlässigter Aspekt, der - wäre er behandelt worden - relevante Einblicke gebracht hätte. So aber erscheint das Thema in diesem Band erst einmal als unwichtig, es bleibt unsichtbar – andere Analysen, wie zum Beispiel Brah (1996), van der Veer (1995) oder Goel und Skoda (2006), beschäftigen sich explizit mit Gender.

Ausgegangen waren wir mit dem Projekt masala.de von einigen Annahmen über die „südasiatische“ Diaspora. Wir hatten die Vorstellung ihre verschiedenen Aspekte darzustellen. Zuerst hatten wir dabei an verschiedene regionale und religiöse Zugehörigkeiten gedacht und hatten auch die Frage von sozialer und ökonomischer Schicht mit in Betracht gezogen. Das Drehen am Kaleidoskop hat allerdings immer wieder neue, unerwartete Einblicke gewährt. Angekommen sind wir so bei vielfältigen Analysen von Zugehörigkeiten und Anerkennung beziehungsweise von deren Verweigerung.

Unser Ausgangspunkt mag durch ein Zitat von einer der von Choi und Illing porträtierten Frauen illustriert werden: „Ich versuche den Leuten die Angst zu nehmen, indem ich ihnen das sogenannte Fremde näher bringe.“ In der Auseinandersetzung mit dem „Fremden“ aber haben wir gesehen, dass es viel komplexer ist als gedacht, und dass der Schwerpunkt auf das „Fremde“ auch vieles verdeckt, dass wir mit unseren Studien selber am Prozess des Othering teilhaben. Die selbe Frau sagt auch: „Ich hatte das Gefühl, ich spiele so ein bisschen herum, dass ich indischer Herkunft bin, dass ich mich anders kleiden kann, auch wenn es gar nichts damit zu tun hatte.“ Vieles was wir beobachten, hat gar nichts damit zu tun, dass die Menschen aus Südasien kommen. Aber das Spiel ist so aufgestellt, dass beide Seiten immer wieder so tun, als ob Herkunft das Entscheidende wäre. Die „dummen Fragen“ reduzieren alles hierauf – und sind daher dumm.

LITERATUR
Arndt, Susan (Hg.). 2001. AfrikaBilder. Studien zu Rassismus in Deutschland. Münster: Unrast-Verlag.
Badawia, Tarek, Franz Hamburger und Merle Humrich (Hrsg.). 2003. Wider die Ethnisierung einer Generation – Beiträge zur quali- tativen Migrationsforschung. Frankfurt/Main: IKO – Verlag für interkulturelle Kommunikation.
Battaglia, Santina. 1995. „Interaktive Konstruktion von Fremdheit – Alltagskommunikation von Menschen binationaler Abstam- mung“. Journal für Psychologie 3 (3): 16-23.
Brah, Avtar. 1996. Cartographies of Diaspora. Contesting Identities. Lon- don und New York: Routledge.
Brubaker, Rogers. 2005. „The ‘diaspora’ diaspora”. Ethnic and Racial Studies 28 (1): 1-19.
Goel, Urmila und Uwe Skoda. (2006). Themenschwerpunkt: Queer South Asia. Januar 2006, auf: http://www.suedasien.net/themen/ schwerpunkt0601_queer/editorial.htm.
Mecheril, Paul. 1997. „Rassismuserfahrungen von Anderen Deut- schen – eine Einzelfallbetrachtung”. In Mecheril, Paul und Thomas Teo (Hrsg.). Psychologie und Rassismus. Hamburg: roro- ro: 175-201.
Ders. 2003. Prekäre Verhältnisse. Über natio-ethno-kulturelle (Mehrfach-) Zugehörigkeit. Münster: Waxmann.
van der Veer, Peter (Hg.). 1995. Nation and Migration. The Politics of Space in the South Asian Diaspora. Philadelphia: University of Philadelphia Press.
 

© Urmila Goel, www.urmila.de 2006