Text als pdf
Nisa: Wenn du an die Auswanderung deiner Eltern denkst, welcher Gedanke beschäftigt dich da am meisten?
Maymol: Das sind der Mut und die Hoffnung, die meine Eltern hatten. Vor der Migration nach Deutschland stand die Migration innerhalb Indiens in den Norden. Die wirtschaftliche Situation ihrer Herkunftsfamilien haben meine Eltern unabhängig voneinander zu diesem ersten Aufbruch ins Unbekannte bewogen. Meine Mutter war noch keine 18 Jahre alt, als sie ihr Zuhause verlassen hat, um die Ausbildung zur Krankenschwester zu machen. Ahmedabad war Mitte der 1950er Jahre eine Dreitagesreise mit dem Zug von Kerala entfernt. Am Ziel angekommen befand sich meine Mutter eigentlich schon in einer anderen Welt – mit einer anderen Sprache, anderen Religionen, anderem Essen. Für unsere Mütter war es „Ausland“ innerhalb Indiens. Ich finde es unglaublich mutig, dass meine Mutter diesen Schritt getan hat und später den Aufbruch nach Europa gewagt hat. Sie hat diesen Schritt nicht für sich selbst, sondern für ihre Familie getan. Auch mein Vater ist vor der Armut seiner Familie geflohen. Aus seinen Berichten weiß ich, dass er gegen den Widerstand seines Vaters, der seine acht Kinder nicht ernähren konnte, bis zur zwölften Klasse die Schule besucht hat und Schreibmaschine schreiben gelernt hat. Die wichtigste Triebfeder seines „Ausreißens“ war sein Hunger nach Bildung. In Ahmedabad hat er sich bei einem Textilunternehmer als Schreiber verdingt und daneben sein Studium aufgenommen. Wenn meine Eltern damals nicht aus Indien ausgewandert wären, hätten sich ihre Herkunftsfamilien in Indien nicht so entwickelt, wie sie sich entwickelt haben. Meine Eltern haben ihre Familien jahrelang finanziell unterstützt, ihren Geschwistern Ausbildungen ermöglicht und Grundbesitz erworben. Einige Geschwister sind zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls vorübergehend oder permanent nach Europa oder in die USA emigriert. Am Anfang dieser wirtschaftlichen Entwicklung stand der Mut meiner Eltern, den Aufbruch in Unbekanntes zu wagen. Wie deine Mutter, wollte meine Mutter auch weiter in die USA migrieren. Ihre Schwester, die 1971 nach Bocholt kam zog zwei Jahre später in die USA. Zu diesem Zeitpunkt hatten meine Eltern hier schon als Kleinfamilie zarte Wurzeln geschlagen.
Nisa: Wenn ich über die Migrationsgeschichte meiner Eltern nachdenke, dann spüre ich in mir auch Bewunderung und Achtung. Mein Vater verließ sehr jung Kerala und verbrachte zehn Jahre in Mumbai. Dort wohnte er mit anderen jungen Malayalis in einer Wohnung zusammen. Als er kein Geld hatte, fragte er einen reichen Mann auf der Straße, ob er ihm einen Kredit fürs Studieren gewähren würde. Einmal hatte er Glück und ein anderes Mal Pech. Er unterrichtete englische Literatur am Xaviers-College in Mumbai und war der einzige aus der Familie der ins innerindische Ausland migriert war. Später war er der einzige der Geschwister, der in den Westen gegangen ist. Auch für meine Mutter empfinde ich Bewunderung. Dafür dass sie in so jungen Jahren ihre Mutter verließ, um nach Nordindien zu migrieren und dann 1968 alleine nach Deutschland kam. Meine Mutter erzählte mir, dass sie über eine Freundin aus ihrem Nachbardorf, die bereits in Deutschland war, das Angebot bekam. Unsere Mütter haben ja auch gemeinsam in Ahmedabad ihre Krankenpflegeausbildung gemacht. Sie sprachen immer von ihrer gemeinsamen Oberin: hört sich an wie beim Militär. Ich schätze mal, streng ging es bestimmt zu. Auch wenn es sicherlich wirtschaftliche Gründe waren, warum meine Mutter erst nach Ahmedabad und dann nach Deutschland kam, ich finde sie war auch abenteuerlustig oder vielleicht eher neugierig auf „den Westen“. Deutschland sollte sowieso nicht ihr Zielland sein. Viele hatten Deutschland nur als Zwischenstopp genutzt, um in ein englischsprachiges Land weiterzuwandern: USA, Kanada oder Großbritannien. Auch meine Mutter träumte davon.
Maymol: Sich an die Oberin zu halten, die ja auch aus Kerala kam, und engen Kontakt zu anderen Schülerinnen aus Kerala zu pflegen, war bestimmt eine Form die Brücke „nach Hause“ nicht abbrechen zu lassen und in der Fremde das Vertraute zum Lebensanker zu machen. Unsere Mütter waren bestimmt flexibel, anpassungsfähig und mutig. Ob meine Mutter abenteuerlustig war, weiß ich nicht. Ich glaube, dass sie keine andere Wahl hatte! Meine Mutter war die Älteste von sechs Geschwistern. Ihr jüngster Bruder wurde nach Beginn ihrer Ausbildung geboren. Die Familie musste ernährt werden, denn das Geschäft meines Großvaters brach in den 1950er Jahren massiv ein. Er betrieb eine Seilerei und war zu diesem Zeitpunkt schwer erkrankt. Meine Mutter trug zum Familieneinkommen bei und meine Großmutter versuchte den Familienbetrieb wieder in Gang zu bringen.
Nisa: Meine Mutter war das einzige Kind. Eher ungewöhnlich. Man erzählte mir, dass ihr Vater starb als sie zwei Jahre alte war. Meine Mutter erzählte, dass ihre Onkel für sie die väterliche Verantwortung übernommen haben. - Weißt du denn wie deine Mutter zu dem Beruf gekommen ist?
Maymol: Krankenpflege war weniger eine Berufung als eine Ausbildung mit wirtschaftlicher Perspektive. Schon die Vermittlung des Ausbildungsplatzes ging damals über Ordensleute und Priester.
Nisa: Diese Information habe ich auch. Manche kamen schon als Krankenschwestern nach Deutschland, andere kamen blutjung hierher. Ich weiß von Fällen, die gerade erst 18 Jahre alt wurden und hier ihre Krankenschwesterausbildung bekamen. Die haben auch meist bessere Sprachkenntnisse der deutschen Sprache.
Maymol: Auch die Anwerbung nach Deutschland lief über Ordensgemeinschaften. Meine Mutter ist alleine nach Bocholt gekommen, obwohl sie mit einer Gruppe nach Deutschland gereist ist. Sie war schon verheiratet als sie kam. Das war glaube ich außergewöhnlich.
Nisa: Ich habe es genau umgekehrt gehört. Meine Mutter war nicht verheiratet, als sie nach Deutschland kam. Als meine Mutter nach Köln kam, gab es anscheinend schon einige verheiratete Frauen aus Kerala dort. Es kam immer darauf an, woher sie kamen und wer sie angeworben hatte. Ich glaube gehört zu haben, dass der überwiegende Teil der Krankenschwestern aus Kerala jung und unverheiratet war. Manche haben erst hier die Ausbildung gemacht. Die Männer sind oft erst später nachgekommen. Meine Eltern haben sich hier in Deutschland kennengelernt, ganz unkonventionell hier geheiratet, was die Verwandtschaft nicht so toll fand. Sie waren enttäuscht, weil sie ihren Kindern (meinen Eltern) nicht die Partner aussuchen konnten und bestimmt waren sie auch ängstlich und misstrauisch. Ich weiß, dass meine Großeltern auch Erkundigungen über meine Eltern eingeholt haben.
Maymol: Meine Mutter ist 1969 gekommen und mein Vater folgte ihr ein gutes Jahr später. Neben einigen Ordensschwestern aus Kerala war sie die einzige keralesische Krankenschwester im Bocholter Krankenhaus. Zwei Jahre später kam eine kleine Gruppe unverheirateter keralesischer Krankenschwestern dazu. Die Schwester meiner Mutter war auch dabei. Die deutschen Ordensschwestern, die das Krankenhaus in Bocholt führten, haben meine Mutter sehr wohlwollend aufgenommen. Zunächst hat meine Mutter im Schwesternwohnheim gewohnt. Als mein Vater kam, sind meine Eltern in ein möbliertes, untervermietetes Zimmer gezogen.
Nisa: Weißt Du, wie der Alltag Deiner Mutter aussah? Gab es Sprachkurse? Freizeitaktivitäten?
Maymol: Da weiß ich kaum etwas drüber.
Nisa: Meine Mutter hat erzählt, dass die Ordensschwestern auf privater Initiative Sprachkurse nach dem Dienst angeboten haben. Aber durch den Schichtdienst kamen sie nicht richtig dazu, diese Kurse regelmäßig und intensiv zu besuchen. Diese Kurse waren nicht institutionalisiert. Die Sprache musste durch den Alltag und die Berufspraxis gelernt werden. Daher fehlen ihnen oft grammatikalische Grundkenntnisse.
Maymol: Der Arbeitsalltag hat sie dazu gezwungen, einfach sehr schnell die Sprache zu verstehen. Sie mussten kommunizieren. Die indischen Ordensschwestern waren sehr beliebt und in die deutsche Ordensgemeinschaft integriert. Alle Ordensschwestern haben sich rührend um die jungen Krankenschwestern gekümmert, mit ihnen Deutsch geübt und ihre schützende Hand über sie gehalten – auch im Arbeitsalltag.
Nisa: Hat Deine Mutter davon erzählt, dass auch Krankenschwestern anderer Nationalitäten im Krankenhaus gearbeitet haben?
Maymol: Ich glaube zu der Zeit gab es noch gar keine Krankenschwestern anderer Nationalitäten. Die Zahl der keralesischen Frauen stieg aber kontinuierlich bis Mitte der 1970er Jahre.
Nisa: Das habe ich anders mitbekommen. Meine Eltern haben erzählt, dass es in Bad Honnef auch Krankenschwestern aus Korea gab, anderswo auch aus den Philippinen. - Was weißt du über die Migrationsgeschichte deines Vaters?
Maymol: Mein Vater ist seiner Frau im Herbst 1970 nach Bocholt gefolgt. Er hatte sein Studium in Indien abgeschlossen und mit seiner Promotion an der University of Calicut begonnen. Die Doktorarbeit hat er in Bocholt zu Ende geschrieben. Meine Eltern waren auf der Suche nach einer Bleibe, nachdem sie vorübergehend in einem kleinen möblierten Zimmer gewohnt hatten. Das hatte sich im Krankenhaus rumgesprochen. Anfang 1971 hatten meine heutigen Paten zwei Zimmer in ihrem Haus frei und hatten die Absicht, aufgrund der Nachbarschaft zum Krankenhaus an eine Krankenschwester zu vermieten. Der Bruder meines Patenonkels, arbeitete im Krankenhaus, hatte von der Suche meiner Mutter gehört und den Kontakt hergestellt. Als dann jedoch klar wurde, dass meine Mutter verheiratet war und natürlich mein Vater auch mit einziehen würde, wurde es meinen Paten mulmig. Sie zogen die Zusage wieder zurück und begründeten die Entscheidung mit der Angst meiner Patentante: „Schwester Annie, Sie können hier nicht einziehen. Meine Frau hat Angst davor 'den schwarzen Mann im Haus zu haben', der nicht arbeiten geht, der die Sprache nicht spricht und sich merkwürdig benimmt.“ Ein paar Tage später hat meine Mutter meine Patentante in der Stadt getroffen und ihr noch mal versichert, dass mein Vater ihr ganz sicher nichts täte, dass er auch dabei wäre einen Sprachkurs zu besuchen und dass er dabei wäre seine Doktorarbeit zu schreiben. Sie hat, glaube ich, richtig darum gebettelt, ihnen eine Chance zu geben. Meine Paten haben sich dann darauf eingelassen. Auch das finde ich sehr mutig: “Wir vermieten zwei Zimmer an Fremde.“ Diese Zimmer waren keine abgeschlossene Wohnung. Es waren zwei Zimmer im Haus einer Großfamilie. Neben meinen Paten mit drei Kindern lebten noch zwei unverheiratete Brüder meines Paten im Haus. Im Nachhinein finde ich das für die Zeit außergewöhnlich, sich auf dieses exotische Abenteuer mit offenem Ausgang einzulassen.
Nisa: Glaubst du sie hätten genauso reagiert, wenn ein deutsches Ehepaar, unbekannt, Frau Krankenschwester, Mann arbeitslos, etc. angefragt hätte?
Maymol: Nein, das hätten sie wohl nicht getan. Sie haben klar gemacht, dass sie es sich nicht vorstellen können wie es wohl wird mit diesem „schwarzen Mann“, der auch hinter jede Tür geguckt hat, weil er auch nicht wusste, was ihn erwartete.
Nisa: Wussten deine Paten eigentlich, wo Indien liegt? Was glaubst Du?
Maymol: Nein, ich glaube nicht. Indien? Da gab es eher Phantasien drüber. Es war weit weg und fremd. Alle dunkelhäutigen Menschen waren fremd. Die einzigen Migranten, die es in Bocholt damals gab waren Italiener und Spanier. Vielleicht auch ein paar Türken. Dunkelhäutig und schwarzhaarig war für meine Paten zunächst ganz unbekannt.
Nisa: Das war aber nicht positiv besetzt.
Maymol: Diese Vorstellungen waren angstbesetzt.
Nisa: Deine Mutter hat sich nicht beirren lassen.
Maymol: Zum Glück! Als meine Paten sich dann drauf eingelassen haben, hat sich die Lage entspannt. Mein Vater hat - auch über die Sprachpraxis im engsten Wohnumfeld - schnell Deutsch gelernt. Meine Eltern hatten zwei Zimmer und teilten sich das Badezimmer mit der Familie. Es war eine große Hausgemeinschaft - Zimmer mit Familienanschluss. Sie sind miteinander gewachsen. Nur die Mahlzeiten wurden meistens getrennt eingenommen. Meine Mutter hatte eine Kochzeile in den zwei Zimmern und die indischen Gerüche hielten Einzug in diesem Haus. Mein Vater arbeitete an seiner Doktorarbeit. Das erste was meine Eltern anschafften, war eine elektrische Schreibmaschine. Im Laufe der Zeit und des wachsenden Vertrauens bekam mein Vater auch mal einen Platz auf der Küchenbank. Mein Vater hat über Kontakte von Verwandten dieser Familie erfahren, dass an der Berufsschule Englischlehrer - auch als Quereinsteiger - gesucht wurden. Er war dabei in englischer Literatur zu promovieren, konnte ein abgeschlossenes Studium nachweisen und hat sich auf die Stelle beworben. Mit Beginn des Schuljahres 1971/72 ist er in den Schuldienst eingetreten.
Nisa: Da hatte er aber nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, oder?
Maymol: Mein Vater hatte nie die deutsche Staatsbürgerschaft. Er wurde Lehrer an einer deutschen Berufsschule mit indischem Pass und ohne Lehrerausbildung.
Nisa: Und das war möglich im Schuldienst? Dann war er bestimmt nicht verbeamtet sondern Angestellter, oder?
Maymol: Diese Chance ergab sich aus der Not heraus, denn Englischlehrer waren rar. Auch hier hatte mein Vater Fürsprecher. Es gab wieder Kontakte meiner „erweiterten“ Patenfamilie die ihm Türen geöffnet haben und einen Direktor der sich auf das Ungewöhnliche eingelassen hat. Meine Eltern haben viel Unterstützung erfahren.
Nisa: Was fällt dir zum Thema Großeltern ein?
Maymol: Ich hatte als Kind keine Großeltern im üblichen Sinne.
Nisa: Obwohl sie ja da waren?
Maymol: Ja, aber sie waren in meinem Leben nicht präsent. Meine Paten füllten auch diese Rolle teilweise aus, denn sie waren eine Ergänzung zu meinen Eltern. Sie sind ja auch zehn Jahre älter und konnten diese Vakanz teilweise mit besetzen. Sie waren mit ihrer Familie für uns Großfamilie. Sie hatten z.B. auch eine Oma, die ich auch Oma genannt habe.
Nisa: Wann wurden die indischen Großeltern präsent?
Maymol: Als ich 1978 nach Indien ging. Zu den Eltern meiner Mutter habe ich ein ganz besonderes Verhältnis entwickelt. - Wie hast du als Kind deine Großeltern erlebt? Welchen Bezug hast du zu deiner indischen Familie?
Nisa: Da ich das älteste - und bis vier Jahre später mein erster Cousin geboren wurde das einzige - Enkelkind auf der Seite meines Vaters war und das einzige Enkelkind mütterlicherseits, habe ich meine Großeltern und meine Oma mütterlicherseits sehr intensiv erleben dürfen. Ihre Aufmerksamkeit und Liebe war anfangs ganz auf mich gerichtet. Es wurde viel leckeres Essen gekocht. Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Erst aßen die Männer mit den Gästen und kleinen Kindern, später die Frauen. Es gab zwar anfänglich keine Kinder in der Familie zum spielen, aber allabendlich viele Geschichten aus dem Dorf und der Verwandtschaft, die im Schein der Petroleumlampe im Wohnzimmer erzählt wurden. Elektrizität gab es in dem Haus meiner Großeltern bis Ende der 70er Jahre nicht. Meine Eltern wurden bei unseren Besuchen auf den neuesten Stand gebracht und es wurde erzählt, wer gestorben war, wer geheiratet hat und wer wieder mit wem Streit hatte. Ich habe viel zugehört und viel erfahren. Es wurde diskutiert, geweint und gemeinsam gelacht.
An meinen Opa väterlicherseits habe ich sehr bildhafte Erinnerungen: Er erinnerte mich immer an ein Bild von Mahatma Gandhi. Er spazierte durch das Grundstück in Kerala, hatte eine Glatze, trug das Mundu (ein Baumwolltuch als Beinkleid getragen), eine Seite hochgeschlagen, so dass man seine dünnen aber muskulösen Beinchen sehen konnte und hatte eine kleines Handtuch auf der Schulter, um sich den Schweiß abzuwischen. Ich erinnere mich daran, wie er auf der Terrasse einen typischen Liegestuhl mit dem geflochtenen Sitzrücken stehen hatte, mit den langen Lehnen, auf die er seine Beine ablegen konnte. Es war mir irgendwie wichtig, dass der Stuhl nicht wegkommt. Heute steht er im Haus meiner Eltern und mein Vater liegt gelegentlich darauf, wenn er die Winter mit meiner Mutter in Kerala verbringt.
Ammama, meine Oma väterlicherseits, war eine Frau, die sich immer im Hintergrund aufhielt, für alle kochte, an eine große Vorratskiste, die im Flur stand ging, mich augenzwinkernd zu sich winkte und aus großen Aluminiumdosen indisches Gebäck (Pallaharam) für mich heimlich raus fischte, schon bevor es überhaupt Chai-Zeit war. Ich habe mit ihr und ihrer unverheirateten Tochter, meiner Mutter und meinen Tanten oft in der Küche auf dem Boden gesessen, ihren Geschichten zugehört oder wir haben auf dem Boden hockend Gemüse geputzt, Fische zerlegt oder Kokosnüsse geraspelt. Ich habe ihre Zuneigung und Liebe erfahren und gespürt. Auch wenn ich mich anfänglich schämte, Malayalam zu reden, weil mir die Vokabeln fehlten oder mein Akzent so deutsch klang Aber nach und nach ging es besser. Später als ich in Indien studierte und öfter mal nach Kerala fuhr und Zeit dort verbrachte, da half ich ihr manchmal in der Küche, obwohl ihr das nicht so recht war und sie erzählte mir immer mehr. Jeden Abend kam die Familie vor dem Hausaltar zusammen und sie eröffnete das Abendgebet. Das ging manchmal eine Stunde Je älter ich wurde, umso mehr bekam ich auch über ihre Sorgen und Nöte mit. Sie war die Frau, die nach dem Tod meines Opas die Seele des Hauses zusammenhielt und viele Geheimnisse mit sich trug. Bei jedem Besuch kamen alte Geschichten immer wieder zur Sprache und neue gab es auch. Ammama und meine unverheiratete Tante zankten sich in regelmäßigen Abständen und es ging meistens darum, dass meine Tante sich ein Leben lang benachteiligt gefühlt hatte. Es ging auch um die Frage, warum sie als Einzige nicht verheiratet wurde. Meine Oma erzählte mir, dass sie eigentlich acht Kinder zur Welt gebracht hatte und nur fünf überlebten. Das sagte sie mit einer Art Abgeklärtheit, die mich ein wenig erstaunte, aber tatsächlich ging es ja wohl vielen Frauen früher so. Am Bewegensten war für mich, als bei unserem ersten Besuch mit unserem ersten Kind meine Oma mit damals über 90 Jahren auf dem Boden saß und mit unserem Sohn lachte und spielte. Später erzählte sie mir von meinem Vater, was er für ein Lausbub gewesen war und wie er sich einmal auf einem Baum versteckte, weil er die Hauswand vollgemalt hatte. Dabei lachte sie laut. Im nächsten Moment kamen ihr Erinnerungen hoch, die schmerzhaft für sie waren. Sie fühlte sich erinnert an eines ihrer Kinder, das im Alter von acht Monaten starb. Sie fing an zu weinen und sagte mir, dass sei das Schlimmste für sie gewesen, keiner hätte ihr helfen können und das Kind starb in ihren Armen. Es muss schrecklich für sie gewesen sein.
Als ich ihr die Nachricht überbrachte, dass ich einen „Saipe“ (einen „Weißen“) heiraten würde, da sagte sie nur sehr nüchtern: „Gut, dass er ein Christ ist, und dass er weiß ist, ist auch nicht so schlimm. Hauptsache er ist kein Schwarzer.“ Rassismen in Indien hatte ich schon zu genüge während meiner Studienzeit kennen gelernt und Aussagen darüber, wie die Hauttönungen hell und dunkel das Schönheitsideal in Kerala auch maßgeblich prägten. Aber diese Aussage kam so unvermittelt, heftigst daher. Ich war sprachlos. Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich darauf geantwortet habe. Ich war sehr wahrscheinlich einfach nur froh, dass sie meinen Mann akzeptierte. Sie versuchte, sich irgendwie mit ihm zu verständigen, und umgekehrt auch, da sie ja auch kein Englisch konnte. Das war im Übrigen mit einem Großteil meiner Verwandtschaft so als ich ein Kind war. Heute ist das anders, alle meine Cousins, Cousinen und unsere Kinder können Englisch. Die Notwendigkeit Malayalam sprechen zu müssen, besteht gar nicht mehr.
Auf der Seite meiner Mutter erlebte ich die Oma als eine sehr starke Frau mit strengem Gesicht, wunderschönen Augen, sehr fromm und umtriebig, geschäftig und umgeben von einem Haufen von Kindern, die sie bei sich aufgenommen hatte. Es dauerte eine Weile bis ich begriffen hatte, dass sie früh verwitwet war und danach auch noch ihre Schwägerinnen früh ihre Männer verloren hatten. Das hieß, dass sie als älteste Schwägerin sozusagen die Verantwortung für die Erziehung ihrer eigenen Tochter (meiner Mutter) und den insgesamt sechs Kindern der anderen Witwen übernahm. In der ersten Zeit unserer Besuche in dem Haus meiner Oma mütterlicherseits erlebte ich also einen reinen Frauenhaushalt: drei verwitwete Mütter mit ihren Kindern. Zwischendrin kam Mal der „Madras Appachan“, also der unverheiratete Bruder meiner Mutter vorbei. Er und mein Vater waren die einzigen männlichen Vertreter der Familie in der Generation. Meine Oma hatte immer viel zu tun und viel zu entscheiden. Ich habe sehr schöne Erinnerung an die Urlaube bei meiner Oma mütterlicherseits, viele Kinder, Kühe, Ziegen, Wasser vom Brunnen holen und auch da das abendliche Gemeinschafts-Gebet. Die Gesänge und Gebete waren anders, intensiver, voller im Klang, charismatischer und anders, weil meine Oma der syrisch-orthodoxen Kirche angehörte.
Nisa: War das eigentlich für dich selbstverständlich, dass Maymol zur Hochzeit einen Sari getragen hat?
Tom: Ja, weil Maymol zu allen wichtigen Anlässen einen Sari getragen hat.
Maymol: Die Frage, ob ich ein deutsches Hochzeitskleid anziehe, hat sich für mich nie gestellt. Zu festlichen Anlässen trage ich Sari. Genauso wenig wie ich keinen Sari im Alltag in Deutschland trage, trage ich auch keine Hosen in Indien.
Nisa: Kannst du dich noch an die erst Begegnung erinnern, als du Maymol deinen Eltern vorgestellt hast?
Tom: Es gab eigentlich nie so den Zeitpunkt, wo ich Maymol meinen Eltern vorgestellt habe. Ich habe sie einfach immer mit nach Hause gebracht. Dadurch, dass wir auch schon in der Schule in einer Klasse waren, war sie meinen Eltern schon bekannt. Maymols Vater war immer bemüht, Kontakt zu den örtlichen Politikern zu halten. Er und mein Onkel, der Bürgermeister war, kannten sich schon viele Jahre und die Schwester meiner Mutter war mit Maymols Paten befreundet. Meine Eltern wussten aus welchen Verhältnissen sie kam. Viele Fragen wurden nicht gestellt. Das war in unserer Familie nicht so üblich.
Nisa: Wie war damals dein erster Eindruck von Indien?
Tom: 1994 bin ich zum ersten Mal in Indien gewesen. Maymol hat mich am Flughafen abgeholt. Es war ein totales Gewusel, aber es war weniger hektisch, als ich gedacht hatte und viel weniger Verkehr auf den Straßen. Das Essen war keine Überraschung, denn ich kannte indisches Essen schon aus Deutschland. Die Aufnahme bei Maymols Onkel war sehr freundlich und sehr angenehm, wie alles andere auch.
Nisa: Wo findest du sind in eurem gemeinsamen Alltag indische Elemente sehr präsent?
Tom: Ich weiß nicht, ob das typisch indisch ist, aber wir haben ein sehr offenes Haus. Jeder darf erst mal reinkommen. Ich erlebe das bei anderen deutschen Familien anders. Da wird man an der Haustür abgefertigt. Man steht halb in der Tür und halb draußen und weiß nicht, ob man jetzt rein darf oder nicht. Aber ich weiß nicht, ob das jetzt typisch indisch ist.
Maymol: Ich glaube schon, dass das typisch indisch ist. Nisa, ich kenne das von Euch zuhause und ich kenne das von uns zuhause.
Nisa: Oder hat es was damit zu tun, dass man Migrant ist, ohne Familie in einem fremden Land angekommen ist, man angewiesen war auf Ersatzstrukturen und man Kontakt gesucht hat und auch für jeden Kontakt dankbar war?
Tom: Das ist eine Kleinigkeit. Wir bitten die Leute immer ins Haus.
Maymol: Ich habe das bei euch und bei meinen Eltern so erlebt. Es war ein offenes Haus und alle kamen. Krankenschwestern mit und ohne Familie, Ordensschwestern, Intellektuelle, Priester. Sie kamen als Gäste und gleichzeitig war der Umgang miteinander sehr familiär. Das empfinde ich schon als typisch indisch, das heißt, das erlebe ich so auch in Indien. Dieses Phänomen, das meine Eltern als die erste keralesische Familie für junge noch unverheiratete Krankenschwestern Anlaufstelle waren, scheint migrationsspezifisch zu sein. Diese jungen Frauen suchten und bekamen Familienanschluss.
Tom: Unser Haushalt ist durchaus durch indische Elemente geprägt. Eine Freundin beobachtete, dass mit dem eigenen Hausstand, die Anzahl der indischen Gegenstände enorm zugenommen hat: Haushaltsgegenstände, Bilder, Elefanten, kleine Möbelstücke.
Nisa: Das sind ja Gegenstände, die bei uns auch im Haushalt so selbstverständlich geworden sind, die uns nicht mehr so auffallen, aber Außenstehenden.
Maymol: Unsere Haustür zieren Elefanten. Die Vorlage war das Logo auf den staatlichen Kerala-Bussen. Tom fährt eine echtes indisches Fahrrad und inzwischen auch ein indisches Motorrad.
Tom: Was mir immer sehr wichtig war, war das auf dem Boden leben! Vielleicht waren wir in diesem Punkt auch sehr kompatibel und es ist kein indisches Element. Aber es passte zu dem, was Maymol aus Indien auch kannte.
Nisa: Hast du denn viel auf dem Boden gesessen?
Maymol: Sagen wir mal so, ich kann gut auf dem Boden sitzen. Bei unseren Kindern fällt auf, dass sie eine sehr typische indische Sitzhaltung einnehmen, wenn sie auf dem Boden spielen: in der Hocke auf den Füßen sitzend. Bei uns kommen keine Schuhe ins Haus, sie stehen immer vor der Haustür bzw. im Flur. Unsere Nachbarn haben sich inzwischen angepasst.
Nisa: Kocht ihr indisch?
Maymol / Tom: Wir mischen. Wie nennt man das? Fusion
Nisa: Oder cross-over cuisine.
Maymol: Es gibt im Alltag so eine Mischung von allem. Ich koche häufig indisch, wenn Gäste da sind. Indisch Kochen ist sehr aufwendig. Wenn wir indisch essen, essen wir mit der Hand. Die Kinder stellen das auch nicht in Frage. Sie haben deswegen auch bisher keine Probleme bekommen.
Nisa: Was hat Tom an dem einjährigen Arbeitsaufenthalt in Indien gereizt?
Maymol: Mehr noch als die berufliche Herausforderung, war es der Reiz, Indien aus einer anderen als der familiären Perspektive kennen zu lernen. Bereits im Studium hatte er sich um ein Praktikum in Indien bemüht, das leider nicht zustande gekommen ist. Auch in den folgenden Jahren hat es verschiedene Anfragen seiner Firma gegeben, die dann aber doch nicht passten. 2009 war er dann für ein Jahr in Bangalore. Er hat sich in dieser Zeit einen Traum erfüllt und eine Royal Enfield gekauft. In zehn Monaten ist er fast 12.000 km mit diesem Motorrad durch Karnataka, Kerala und Tamil Nadu gefahren. Inzwischen hat er viel mehr von Indien gesehen als ich! In diesem Jahr hat er seine 'gewachsene' indische Identität integriert.
Nisa: Ihr lebt im Großraum Düsseldorf. Ist das ein internationales Umfeld?
Maymol: In Düsseldorf und im näheren Umland leben so viele Menschen verschiedener Herkunft. Die Grundschule die unserer Kinder ist international. Unser nahes Umfeld ist jedoch fast ausschließlich deutsch geprägt.
Nisa: Hast du irgendwann mal vermittelt bekommen, dass man als Asiat unter Migranten einen anderen Stellenwert hat?
Maymol: Eine Schulleiterin benutzte das Wort Eliteausländer und meinte damit Asiaten. Ich nehme sehr deutlich wahr, dass es eine Hierarchie unter den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gibt.
Nisa: Mutter mit indischen Ursprung und Vater mit deutscher Staatsangehörigkeit. Gab es vom Ausländergesetz für eure Kinder bei der Geburt des ersten Kindes besondere Regelungen von deutscher und indischer Seite?
Maymol: Da sowohl Tom als auch ich die deutsche Staatsbürgerschaft hatten, bekamen unsere Kinder auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Auf indischer Seite gibt es die „PIO“- Card (Person of Indian Origin) - eine kleine indische Staatsbürgerschaft - die nicht nur ich sondern auch die Kinder und der Ehepartner beantragen konnten. Wir haben alle eine PIO-Card. Die PIO-Card bescheinigt die indische Herkunft und räumt einem einige Rechte und Privilegien ein. Mit Ausnahme des Wahlrechts ist man einem Inder fast gleichgestellt. Das Wahlrecht in Indien vermisse ich auch nicht. Dieses Dokument bescheinigt den Kindern, dass sie auch indische Wurzeln haben. Mit der PIO-Card müssen wir kein Visum für Indien beantragen und eine Einreise ist von jetzt auf gleich möglich. Es verschafft uns eine gewisse Flexibilität.
Nisa: Glaubst du die Kinder erleben es als Bereicherung, aus diesen zwei Welten etwas mitzubekommen?
Maymol: Ob das bewusst so ist, weiß ich nicht. Ich glaube schon, dass sie es als Bereicherung empfinden. Sie erleben es zumindest nicht als Nachteil.
Nisa: In welche anderen Länder Europas seid ihr sonst noch gereist?
Maymol: Die Kinder kennen als Ausland nur Indien und die Niederlande.
Nisa: Kannst du dir vorstellen, mit den Kindern auch anderswo als in Indien Urlaub zu machen?
Maymol: So langsam kommt die Anfrage der Kinder. Nicht weil sie Indien in Frage stellen, sondern die gemeinsamen Ferien auch anderswo verbringen möchten. Über kurz oder lang wird es dazu führen, dass wir die Reiseziele abwechseln müssen. Ich möchte uns als Familie auch andere Regionen mit ihren Besonderheiten erschließen.
Nisa: Wie sehen eure Aufenthalte in Indien aus?
Maymol: Da unsere Zeit aufgrund der Ferien sehr begrenzt ist, bleiben wir bei meiner Mutter und besuchen die Großfamilie. Bei unserem letzten Besuch war ich mir nicht sicher, ob den Kindern diese kurzen Besuche, mit denen z.T. eine Pflicht erfüllt wird, nicht zu viel werden. Ich wurde jedoch eines Besseren belehrt. Sie sagten sehr deutlich, dass es doch wohl selbstverständlich sei alle Tanten, Onkel und Cousinen zumindest kurz zu besuchen. Sie versuchen den Überblick über die Verwandtschaftsverhältnisse zu behalten. Das Verhältnis der Kinder zu den Geschwistern meiner Eltern ist sehr unterschiedlich. Sie fühlen sich bei einem meiner Onkel genau so Zuhause wie bei meiner Mutter. Die vielen Verwandten, die in den USA leben, kennen meine Kinder überhaupt nicht. Für uns irgendwann auch ein Reiseziel.
Während unserer Aufenthalte in Indien versuchen wir, mit Tagesausflügen oder Minitrips andere Flecken in Kerala oder in der Nähe zu erkunden. Wir haben festgestellt, dass wir nur einen minimalen Ausschnitt Indiens kennen. Für unsere nächste Indienreise haben wir uns vorgenommen, meine alte Schule zu besuchen. Nachdem die Kinder zu unserem Abiturtreffen unsere alte Schule hier in Deutschland kennen gelernt haben, sind sie neugierig auf die Schule in Indien geworden.
Nisa, deine Eltern leben hier, und zeitweise auch in Indien. Deine Großeltern sind inzwischen verstorben. Was zieht dich mit deiner Familie nach Indien? Wie gestaltet ihr die Zeit dort? Wie fühlen sich deine Söhne dort?
Nisa: Indien ist ein Teil von mir. Ich liebe dieses Land, aber ich muss dort nicht meinen Lebensabend verbringen. Freunde sind mir sehr wichtig und ich schätze es sehr, dass ich einige Freundschaften so pflegen konnte über die Jahre und die Entfernungen, dass ich diese Freunde auch hier in Deutschland wieder in unmittelbarer Nähe besuchen kann. Meine Freunde aus meiner Studienzeit in Indien sind alle in der ganzen Welt zerstreut, viele sind nach dem Studium in die USA mit Stipendien, andere sind innerhalb Indiens umgezogen. Meine Cousins und Cousinen väterlicherseits leben fast alle in Bangalore. Mütterlicherseits leben die Cousins und Cousinen ersten und zweiten Grades fast überwiegend in den Golfstaaten oder in Großbritannien. Nur eine Cousine ist auf Omas Grundstück mit Familie zurückgeblieben, während ihr Mann im Golf Geld verdient. Sie pflegte auch meine Oma bis zum Tode. Eine gute Seele. Das war für meine Mutter auch sehr beruhigend, meine Oma in guten vertrauten Händen zu wissen. Also um zur Frage zurückzukehren: Nach Indien zieht mich, den Kontakt zu „meiner indische Familie“ zu pflegen, gemeinsame Zeit mit meinen Eltern in ihrer Heimat zu verbringen, unseren Kindern das Land ihrer indischen Großeltern vertrauter zu machen, dass sie sich dort auch heimisch fühlen bzw. dass es ihnen vertraut erscheint als natürlicher Teil ihrer Familiengeschichte. Das will ich ihnen vermitteln. Wenn wir dorthin fahren, haben wir durch die Schulpflicht unserer Kinder nicht viel Zeit, vielleicht knapp drei Wochen. Wir wissen, mindestens acht bis zehn Tage sollten wir für die Familie einrechnen. Die restliche Zeit verbringen wir meistens in einem Nationalpark Indiens und erkunden neue Gegenden. Mein Mann hat übrigens auch mehr von Indien bereist hat als ich. Unsere Söhne fühlen sich wohl dort, das hat aber bestimmt auch mit der Basisstation, dem Haus meiner Eltern in Trisshur zu tun. Sie kennen sich dort aus, sie gehen gerne dort hin, sie besetzten sofort ihr Zimmer und das ist ihr indisches Zuhause! Ich hoffe natürlich, dass das Haus noch möglichst lange „ein indisches Zuhause“ für sie sein kann. Aber ich weiß auch, dass der Zeitpunkt irgendwann mal kommt, an dem meine Eltern das Haus vielleicht auch nicht mehr halten können und wir es auch nicht mehr von Deutschland aus verwalten können. Dann bleiben schöne Erinnerungen daran, wie die, die ich auch habe, die ich mit meinem Bruder teile, an die Kindheit in Indien in den Elternhäusern meiner Eltern. Die „Tarwades“, die alte Häuser sind abgerissen. Schade. Die Architektur gibt es kaum noch in den Dörfern in Kerala zu sehen.