aus: Urmila Goel (2002), "Von Freiheitskämpfern zu Computer-Indern - Südasiaten in Deutschland-" (als pdf), in: Südasien, 22, 1/2002, 70-73.
Die ersten indischen Studierenden kamen schon direkt nach Kriegsende wieder nach Deutschland. Ende der 1950er und Anfang der 60er Jahre waren die Zahlen beträchtlich gestiegen. Wie zuvor machten sich aus den nun unabhängigen südasiatischen Staaten vor allem einzelne junge Männer auf den Weg nach Europa, in die Bundesrepublik Deutschland und einige auch in die DDR. Viele der Inder scheinen aus West-Bengalen gekommen zu sein. Unter den Pakistanis scheinen Mohajirs, die im Verlauf der Unabhängigkeit aus dem heutigen Indien in das sich neu formierende Pakistan gingen, einen großen Anteil zu stellen. Da aber die Entscheidung nach Deutschland zu gehen, in der Regel individuell getroffen und durchgeführt wurde, kamen die jungen SüdasiatInnen einzeln, ohne den Rückhalt in einer ethnischen Gruppe hier an. Auf der Suche nach anderen in der gleichen Lage, spielten dann nationale, sprachliche, religiöse und ethnische Zugehörigkeiten eine untergeordnete Rolle. InderInnen und Pakistanis bildeten angesichts des fremden Deutschlands Freundschaften. Unterstützt wurde dies dadurch, dass die meisten einen ähnlichen sozialen Ursprung in städtischen Mittelklassefamilien hatten.
Die individuellen Migrationsgeschichten unterscheiden sich in Details. So hatten sich einige der jungen Männer bei verschiedenen ausländischen Firmen beworben, zufällig von einer deutschen ein Angebot bekommen und waren deshalb gerade hierher gekommen. Andere bemühten sich gezielt um ein Praktikum oder einen Studienplatz in Deutschland. Mit oder gegen den Willen ihrer Familien machten sie sich auf den Weg. Nur in wenigen Fällen holten sie später Verwandte zu sich nach Deutschland.
Viele der jungen SüdasiatInnen, die nach Deutschland gekommen waren, fingen früher oder später an zu studieren, verliebten sich in Deutsche, heirateten sie und suchten nach dem Studienabschluss eine Arbeitsstelle in Deutschland. Andere heirateten in Südasien, holten ihre Frauen nach Europa und verlängerten so ihren Aufenthalt. Wieder andere kehrten zurück auf den indischen Subkontinent oder wanderten weiter, zum Beispiel nach Kanada oder in die USA. Die meisten gestalteten ihr Leben individuell, weitgehend unabhängig von der in Südasien verbliebenen Familie und kaum eingebunden in eine ethnische Gemeinschaft. Gerade jene, die binational heirateten, fügten sich immer mehr in die 'weiße' deutsche Gesellschaft ein.
Neben der Migration auf eigene Initiative gab es auch direkte Anwerbung in Indien. Indische ArbeiterInnen wurden gebraucht, um den Arbeitskräftemangel in Deutschland zu reduzieren und so weiteres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen. Die Hilfsarbeiten, die den InderInnen angeboten wurden, stellten diese in der Regel aber nicht lange zufrieden. Sie forderten praktische Ausbildung. Viele verließen ihre ArbeitgeberInnen, um zu studieren. So folgten sie dem Weg der individuellen MigrantInnen.
© Urmila Goel, urmila.de / Desis in Deutschland 2002/ 2007