Bad Boll Seminar 2001

Braune Engel in Weiß - Indische Krankenschwestern und ihre Familien in Deutschland

Migration nach Deutschland

Lilly: Ihre Schwester war in den 60er Jahren – vermittelt durch einen Onkel in einer katholischen Organisation - zum Studium nach Italien gegangen und hatte ihren Bruder nachgeholt. Mit 18 Jahren kam sie dann selber nach Deutschland. Sie wußte nicht, was sie erwarten würde. Sie konnte kein Deutsch, hatte nur wenig Kontakt mit anderen Keralesen und hat sich nur schwer eingelebt. Vom Krankenhaus wurde zweimal in der Woche Deutschunterricht organisiert. Zusätzlich ging sie aus Eigeninitiative zur Volkshochschule. Eigentlich sollte ihre Krankenpflegeausbildung erst nach einem Jahr beginnen, aber durch ihren Fleiß konnte sie schon früher anfangen. Problematisch war das Essen und auch die Kleidung – sie kam im April nur mit einem Sari bekleidet. Die Ordensschwestern haben ihr dann andere Kleidung gegeben.

Sunitha: In der 50er Jahren war eine Schwester nach Calcutta gegangen. Auch sie wollte nach Norden. Dann wurde aber in der Kirche verkündet, dass die Möglichkeit besteht, zu einer Krankenpflegeausbildung nach Deutschland zu gehen. Ihr Vater war erst dagegen. Der Familienrat hat sie dann aber unterstützt, da sie in die Obhut der Ordensschwestern kommen würde, und so alles sittlich und ordentlich sein würde. Zusammen mit vierzig anderen Frauen und einem Mann fuhr sie mit dem Schiff von Bombay nach Marseille. Auf dem Schiff sahen sie zum ersten mal eine europäische Toilette und Klopapier. Da sie nicht wußten, wie sie damit umgehen sollten, verschmutzten sie sie sehr, so dass die Besatzung sehr ärgerlich war. Auch das Essen auf dem Schiff mochten sie nicht. 17 Tage haben sie unter Hunger gelitten und pure Pickles gegessen. Als sie dann in Deutschland ankamen, wussten sie nicht mit Bettzeug umzugehen, hatten kein passendes Schuhwerk dabei. Die örtlichen Bürgermeister haben sie mit Blumen empfangen. Trotzdem gab es Probleme beim Einleben. Das deutsche Essen schmeckte nicht, war ungekocht und ungewürzt. Bald durften sie selber kochen, haten aber keine Gewürze. Sie, die in Indien nie Hunger gelitten hatten, hatten ihn nun. Die Deutschen gaben den Eindruck, dass sie ihnen etwas Gutes tun wollten. So kam Wut auf gegenüber dem Priester, der sie gebracht hatte.

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© Urmila Goel, urmila.de / Desis in Deutschland/ Zweite Generation /Jugendseminare / Bad Boll/ 2001  2002