von Kathleen Heft und Urmila Goel
im Rahmen des Forschungsprojekts
„Die virtuelle zweite Generation“
gefördert von der Volkswagenstiftung
vom
Donnerstag, 10. bis Samstag, 12. November 2005
an der Europa-Universität Viadrina
Frankfurt/Oder
Es waren produktive Grenzgänge, die wir während des Workshops gemacht haben. Wir haben Grenzen erfahren, manche überwunden, andere nicht. Dies galt nicht nur für die theoretischen Diskussionen, auch im ganz praktischen war das der Fall. Wenn wir zum Essen die Oder Richtung Polen überquerten, konnte eine nicht mitkommen. Ihr fehlte eine EU-Staatsbürgerschaft für dieses Privileg. Ihr ganz persönlicher Bewegungsraum der zweiten Generation war so auf das deutsche Territorium begrenzt. Ein anderer traute dem Privileg der Staatsbürgerschaft nicht, und legte vor Grenzübertritten vorsichtshalber eine Krawatte an, um nicht als angenommener ‘Krimineller’ kontrolliert zu werden. Zu viele Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit hatte er schon erlebt. Ein dritter schließlich begegnete der möglichen Ausgrenzungserfahrung an der staatlichen Grenze mit Humor und Ironie. Die Erfahrungen, Begrenzungen und individuellen Strategien der zweiten Generation sind divers, genauso wie die theoretischen und methodischen Zugänge im Workshop.
Organisiert hatte ich den Workshop, da ich mich über zentrale Fragestellungen meines Forschungsprojektes austauschen wollte. Dabei war mir eine interdisziplinäre Perspektive auf diese wichtig, denn das Thema hält sich nicht an die Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen. Erst ein Potpourri von unterschiedlichen Ansätzen, Methoden und Theorien wird ihm gerecht. Und so habe ich dann auch von den multiplen Grenzgängen im Workshop profitiert. Gerade auch die Differenzen in Fragestellungen und Ansätzen waren hilfreich für mich, denn so war ich immer wieder gezwungen, meine eigenen genauer zu formulieren und zu überdenken. Ich bekam in diesen drei Tagen viele Anregungen und Bestätigungen, aber auch Fragen und Widersprüche tauchten auf. Besonders geprägt hat mich die intensive Auseinandersetzung über die Produktivität von Begriffen und die Notwendigkeit, mit ihr verantwortlich umzugehen. Beeindruckt hat mich die Ähnlichkeit der Funktionen der beiden Räume Muslimische Jugend und Indernet. Bestürzt hat mich, dass dem muslimischen Raum viel kritischer begegnet wurde als dem ‘indischen’. Eröffnet hat mir der Workshop ein neues Netzwerk von WissenschaftlerInnen, mit denen ich mich austauschen kann.
Zum Abschluss gilt es noch vielfachen Dank zu äußern: Zu allererst gilt dieser natürlich den engagierten TeilnehmerInnen Jannis Androutsopoulos, Sigrid Baringhorst, Santina Battaglia, Synnøve Bendixsen, Carl Chung, Heike Greschke, Claudia Martini, Paul Mecheril, Christine Riegel, Werner Schiffauer und Nils Zurawski. Sie alle haben mit oder ohne Input den Austausch produktiv, vielfältig und gleichzeitig angenehm gestaltet. Den Dokumentarinnen Kathleen Heft und Daniela Vrhovac gilt Dank dafür, dass sie aufmerksam protokolliert und das Gesprochene nachher in eine geordnete Form gebracht haben. Sie waren die einzigen, die sich während des gesamten Workshops keine Denkpausen genehmigen konnten. Kamil Majchrzak und Jolanta Gambuś haben wir zu verdanken, dass unsere Sprachlosigkeit in Słubice uns nicht gegen Grenzen laufen ließ. Sie vermittelten nicht nur zwischen den Sprachen, und sorgten so für unser leibliches Wohl. Schließlich gilt der Dank Mady Gittner für die administrative Betreuung des Workshops und der Volkswagen Stiftung für die Finanzierung.
Berlin, März 2006